ISSN 0933-3355 FÜR EIN STARKES EUROPA Zeitenwende ohne Plan! … viel liegt aber auch vor uns! Zeit, Kosten und Ergebnis in einer vertretbaren Balance! Kompetenz in der Luftverteidigung Der Chinook ist Ready Now! Einfach wird es nicht! 39. Jahrgang · 9,50 € HHK Ausgabe 2/2023 www.hardthoehenkurier.de DIE RICHTIGE WAHL FÜR DEUTSCHLAND Der H-47 Chinook steht schon heute als risikoarme und zuverlässige Lösung für Deutschlands Schwerlast- Missionen bereit. Über 6 Millionen absolvierte Flugstunden und mehr als 950 Chinooks im weltweiten Einsatz belegen seine Erschwinglichkeit und unerreichte Einsatzvielfalt. Der Chinook kann unter den härtesten Bedingungen und in den anspruchsvollsten Umgebungen fliegen und somit auch die herausforderndsten Missionen der deutschen Bundeswehr problemlos erfüllen. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Interoperabilität mit den insgesamt 20 internationalen Betreibern, darunter 8 NATO Nationen, bei denen der Chinook weltweit im Einsatz ist. The Boeing Company @BoeingDACH boeing.de/chinook3HHK 2/2023 Editorial 3 ©privat Michael Horst, Chefredakteur © Bw/Jankowsky So hat es der Inhaber der Befehls- und Komman- dogewalt Boris Pistorius in einem Brief Ende April an die Angehörigen des BMVg angekündigt. Um diesen Anspruch erfüllen zu können, müssen neben den bereits erfolgten Personalveränderungen im Wesentli- chen die Strukturen und Abläufe verändert werden. Erste Schritte hierzu wurden bereits eingeleitet. Bis Ende Mai wird ein Planungs- und Führungsstab ein- gerichtet, der von Brigadegeneral Dr. Christian Freu- ding geleitet wird. Nichts ganz Neues, denn der 1969 von Verteidigungsminister Helmut Schmidt geschaf- fene Planungsstab wurde 2012 von Thomas de Mai- zière – in Fehleinschätzung der realen politischen Lage – aufgelöst. Erfreulich zu hören ist, dass für den neuen Stab keine neuen Dienstposten geschaf- fen werden, sondern die Büros der Staatssekretäre, des Generalinspekteurs und des Ministers entspre- chend verkleinert werden. Der neue Stab wird der gemeinsame Arbeitsmuskel aller Leitungsbüros. Ne- ben der Einführung des neuen Stabes geht der Stab „Organisation und Revision“ in der Abteilung Recht auf und die „Strategische Steuerung Rüstung“ wird in die Abteilung Ausrüstung überführt. Bis Ende Mai soll die Zielstruktur dieses Umbaus eingenom- men sein. In einem weiteren Schritt soll bald auch die Arbeit der Abteilungen überprüft werden. Neue Vorgaben für die Verbesserung und Beschleunigung des Beschaffungswesens wurden bereits Ende April mit dem Ziel in Kraft gesetzt, benötigte Ausrüstung schnell und in der erforderlichen Qualität und Quan- tität in die Truppe zu bringen. Neben Personalwechsel, Struktur- und Ablaufände- rungen sind aber auch Änderungen im Mindset der Menschen im System Bundeswehr erforderlich, um eine seit vielen Jahren unterfinanzierte Truppe zeit- nah zu einer einsatzbereiten, kaltstartfähigen und resilienten Armee zu formen. Mehr Verantwortung und selbstständige Entscheidungen sind nicht nur in der Leitungsebene gefragt und hierzu gehört dann auch, dass, wenn wichtige Entscheidungen zügiger getroffen werden, mehr Fehler auftreten können. Der Minister hierzu für das BMVg: „Dazu gehört auch, dass ich akzeptiere, dass auch einmal Fehler gemacht werden!“ Es bleibt zu hoffen, dass das Vorgesetzte und Prü- fende aller Ebenen auch berücksichtigen. Die sicherheitspolitische Lage erfordert eben die schnelle Umsetzung der Zeitenwende und die positi- ve politische Unterstützung dieser Absicht ist zurzeit vorhanden. Also: Wenn nicht jetzt, wann dann? Und zwar so- fort! Ihr Das BMVg – Zeitenwendeministerium!Inserentenverzeichnis: AFCEA Bonn e.V. ..............................................Seite 69 ATM ComputerSysteme GmbH .......................Seite 73 Boeing ..............................................................Seite U2 BWI GmbH .......................................................Seite 15 Dynamit Nobel Defence GmbH .......................Seite 75 Computacenter ................................................Seite 71 ESG Elektrosystem- und Logistik-GmbH ..........Seite 121 INNOSYSTEC GmbH .........................................Seite 85 Kärcher Futuretech GmbH ...............................Seite 113 Materna Information & Communcations SE ......Seite 83 Mittler-Books ...................................................Seite 84, 117 National Air Cargo (Deutschland) GmbH ........Seite U3 Northrop Grumman LITEF GmbH ....................Seite 109 PELI PRODUCTS SLU .........................................Seite 43 Rheinmetall AG ................................................Seite 101 Rohde & Schwarz Cybersecurity GmbH ...........Seite U4 Secunet Security Networks AG ........................Seite 29 Secusmart GmbH .............................................Seite 19 SZENARIS GmbH ..............................................Seite 115 Köhler/Mittler ................................................. Flyereinleger AFCEA Bonn e.V. ............................................. Flyereinleger 3 Editorial Gasteditorial 7 Katrin Hahn, Chief Resources Officer, BWI GmbH Politik 8 Eine erste Bilanz 11 Herausforderungen an die Sicherheit in der NATO-Ostflanke 14 Zeitenwende ohne Plan Bundeswehr 17 NATO-Planungen waren und sind valide Interview mit Generalleutnant Gert Nultsch, Abteilungsleiter Planung im Bundesministerium der Verteidigung 24 Impression der Übung „Griffin Lightning“ 26 Ausbildung und Übung luftbeweglicher Operationen im Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung 34 Air Defender 2023 – Luftwaffenübung der Superlative 36 MBDA – Luftverteidigung für alle Höhenbänder und Bedrohungsklassen Interview mit Guido Brendler, Leiter Vertrieb und Geschäftsentwicklung bei der MBDA Deutschland GmbH Inhalt 2/2023 40 Streitkräftebasis 2023 46 Schutz der NATO-Ostflanke Beitrag der Feldjäger im Rahmen enhanced Vigilance Activities und enhanced Forward Presence 50 Ballistische Schutzwesten in der Feldjägertruppe Schutzkomponente versus Tragekomfort 53 50 Jahre Universitäten der Bundeswehr: Interviews mit Prof Dr. Klaus Bertram Beckmann, Präsident der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und Prof. Dr. mont. Dr.-Ing. habil. Eva-Maria Kern, MBA, Präsidentin der Universität der Bundeswehr München ©Forkert Mechanisierter Großverband Interview mit Brigadegeneral Christian Nawrat Seite 20 ©PIZ KdoH Neues von der Heereslogistik Interview mit Brigadegeneral Dirk Kipper Seite 30 © Foto: Airbus Bericht vom IX. DWT Forum Unbemannte Systeme Seite 107 ISSN 0933-3355 FÜR EIN STARKES EUROPA Zeitenwende ohne Plan! … viel liegt aber auch vor uns! Zeit, Kosten und Ergebnis in einer vertretbaren Balance!Kompetenz in der LuftverteidigungDer Chinook ist Ready Now! Einfach wird es nicht! 39. Jahrgang · 9,50 € HHK Ausgabe 2/2023 www.hardthoehenkurier.de ©Bw/Tom Twardy, ©Chaperon, ©Bw, ©MBDA, ©Boeing 59 SZENARIS – Herausforderungen der militärischen Ausbildung mit adaptiven Lernansätzen erfolgreich begegnen 60 „Seien Sie mit uns dabei! Ein Besuch lohnt sich!“ Invictus Games 2023 vom 9. bis 16. September in Düsseldorf 62 Sich selbst ein Bild machen – Tag der Bundeswehr 2023 63 Nachhaltiges Handeln – Kein Widerspruch zur Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte 93 Mittenwalder „Jager“ verteidigen Titel beim Edelweiss Raid Informationstechnik 66 ... viel liegt aber auch vor uns! Interview mit Generalleutnant Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyber/Informationstechnik im Bundesministerium der Verteidigung 72 Digitalisierung landbasierte Operationen – vielfältige Facetten 76 Zentrum für Intrapreneurship der Bundeswehr eröffnet 77 Rohde & Schwarz – Schutz sensibler Daten im Einsatz und unterwegs Festplattenverschlüsselung für Streitkräfte 80 40 Jahre Dialog für die Zeitenwende – die AFCEA Fachausstellung im Jubiläumsjahr 82 Kriegstauglich werden – Übung „Gelber Merkur“ 85 Erste Phase KI-gestützte Aufklärung abgeschlossen 86 dtec.bw – EVO-MTI: Gestaltungs- und Evaluationsumgebung für physische Unterstützungssysteme 88 dtec.bw – Interview mit dem Leiter des dtec.bw-Projekts EVO-MTI an der HSU/UniBw H 90 dtec.bw – Aktuelles NATO/EU International 93 Ende der Ignoranz? Zeitenwende in Österreich – Stärkung der Luftstreitkräfte geplant Wehrtechnik 98 Luftverteidigung im Nah- und Nächstbereich 102 „Der Chinook ist Ready Now!“ Interview mit Michael Hostetter, Vice President Boeing Defence Deutschland 110 Die Unterbringung der Bundeswehr im Einsatz News 118 Mit der Bedrohung umgehen Enforce Tac – Die Fachmesse für Behörden mit Sicherheitsaufgaben und Streitkräfte 122 W.L. Gore & Associates GmbH – Nachgefragt bei Thomas M. Meyer 124 Mehr Militär wagen – Die Politik braucht militärische Expertise auch in den eigenen Reihen Service 12 Impressum 126 Bücher 128 Personal- veränderungen 130 Themenvorschau 3/2023Mittler Report Verlag GmbH · www.hardthoehenkurier.de Verlagsdirektion Bonn · Beethovenallee 21 · 53173 Bonn Telefon: +49 (0) 228 - 25 90 03 44 · info@hardthoehenkurier.de FÜR EIN STARKES EUROPA ©Björn Trotzki Aktuell – am Geschehen – Blick nach vorn Der Hardthöhenkurier ist ein führendes, unverwechselbares und hoch informatives Fachmagazin, das sich mit aktueller Berichter- stattung aus der Bundeswehr, des BMVg und der Industrie an die Leserschaft der deutschsprachigen Länder in Europa wendet und sich als verlässliches Bindeglied zwischen der Bundeswehr, der wehrtechnischen Industrie und Wirtschaft versteht. Seit 1984 begleitet der Hardthöhenkurier die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und hat sich zu einem von Experten der Verteidigungsindustrie sowie der sicherheitspolitischen Com- munity anerkannten Fachmagazin etabliert. Der Hardthöhenkurier ist unabhängig und erscheint sechsmal jährlich – plus Sonderausgaben – und informiert über Einsätze der Bundeswehr, aktuelle Beschaffungsvorhaben sowie Neuerungen in der Wehrtechnik und Rüstungsindustrie. Zuverlässigkeit, informative und aktuelle Berichterstattung und vertrauensvolle Zusammenarbeit sind unsere Markenzeichen. 37. Jahrgang · 8,50 € HHK Ausgabe 1/2021 ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de FÜR EIN STARKES EUROPA Deutsch-österreichische Ausbildung im GebirgskampfMinisterin und GenInsp zur Zukunft der Bundeswehr Bundeswehr impft in Alten- und Pflegeheimen MdB Nouripour fordert atomare Abrüstung GenLt Alfons Mais: „Das Heer kann Krise!“ MdB Strack-Zimmermann für neue Strukturen 37. Jahrgang · 8,50 € HHK Ausgabe 2/2021 ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de FÜR EIN STARKES EUROPA Die sicherheitspolitische Bedeutung der Ostsee MdB Wadephul: Wie kann die Moderni- sierung gelingen? GenLt Knappe: Ulm als „Testbed“ für NATO und EU GenMaj Hannemann: EU Battlegroup ist perfekter Auftrag für die DSK FltlAdm Bock: Zur Rolle der Einsatzflottille 1 Korvette F 264 „Ludwigshafen am Rhein“7HHK 2/2023 Am Ende passiert aber auch diese Zeitenwende in unserem Denken und Handeln: Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit im Team, Abstimmungs- prozesse und Führung müssen in diesem Umfeld neu gedacht und vor allem anders gemacht werden. Das ist der entscheidende, aber auch der herausfor- derndste Teil dieses Prozesses. Nur wenn wir bereit sind, lieb gewonnene Abläufe und Arbeitsweisen in- frage zu stellen, Ergebnis vor Prozess und manchmal auch Vertrauen vor Kontrolle zu stellen, kann das gelingen. Gasteditorial Wir erleben derzeit verschiedene internationale Krisen. Für Deutschland bedeutet das – insbeson- dere durch den Angriffskrieg Russlands auf die Uk- raine – eine Zeitenwende. Spätestens damit wird die digitale Transformation für die Bundeswehr unerlässlich. Die BWI leistet hierzu als Digitalisie- rungspartner einen entscheidenden Beitrag und bewältigt dafür ihre eigene, interne Zeitenwende in der Arbeitswelt. „Wir sorgen für die digitale Zukunftsfähigkeit unse- res Landes.“ Das ist unsere Vision. Wir sind überzeugt davon, dass die digitalen Fähigkeiten der Bundes- wehr für unsere Verteidigungsfähigkeit unabding- bar sind. Unser Auftrag als BWI ist es dabei, die Men- schen in der Bundeswehr als Digitalisierungspartner zu befähigen, ihre vielfältigen Aufgaben zu bewälti- gen. Und diese Aufgaben werden immer anspruchs- voller – insbesondere in der aktuellen Situation, wo sich die Bundeswehr wieder auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausrichtet. Für mich ist klar: Die BWI steht an der Seite der Bun- deswehr in Frieden, Krise und Krieg. Das ist eine große Verantwortung! Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen auch wir schneller, vor allem aber auch quantitativ und qualitativ mehr leisten. Das braucht veränderte Arbeitsweisen, ver- änderte Arbeitsorte, veränderte Tools – eine Zei- tenwende für unsere Arbeitswelt. Unser Anspruch dabei: das fortschrittlichste Unternehmen im öffent- lichen Sektor zu werden. Nur so können wir zum einen die Leistungsanforderungen der Bundeswehr, nicht zuletzt aus dem Sondervermögen, erfüllen und zum anderen die Erwartungen unserer Mitarbei- tenden an ihren Arbeitgeber. Denn: Das passende Personal für uns zu begeistern, vor allem vor dem Hintergrund der eingeschränkten Rekrutierungs- möglichkeiten auf dem IT-Markt, ist Kernvorausset- zung zur Erfüllung unseres Auftrags. Mit dem Projekt „Delivering Future Work“ entwi- ckeln wir unsere Arbeitswelt in den Dimensionen People, Places und Tools weiter. Zum Beispiel schaf- fen wir technische und organisatorische Voraus- setzungen für hybrides Arbeiten und vereinfachen so die Kollaboration unserer Kolleg*innen oder auch der Bundeswehrangehörigen an Standorten deutschlandweit und aus dem Homeoffice. Gleich- zeitig erhöhen wir so die Flexibilität unserer Mitar- beitenden und vereinfachen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zwischenzeitlich arbeiten ca. 65 Prozent unserer Belegschaft regelmäßig aus dem Homeoffice. Ins Büro kommen viele Teams vor allem, um sich gemeinsam abzustimmen. Daher haben wir mittlerweile vier der 14 Großstandorte optimiert, um mehr Raum für Meetings, Austausch und Projektar- beit zu haben. Die restlichen folgen bis Jahresende. Deutschlands Zeitenwende braucht Zeitenwende in der Arbeitswelt Katrin Hahn, Chief Resources Officer, BWI GmbH ©BWI8HHK 2/2023 Die 100 Tage nähern sich ihrem Ende und Boris Pisto- rius hat die Zeit intensiv genutzt. Kaltstart Gleich am Tage nach der Vereidigung, am 20. Januar, konstatierte er während der Ramstein-Konferenz der Ukraine Defence Contact Group bei der Debatte über weitere Hilfen für die Ukraine, er habe „seinem Minis- terium „heute Morgen“ den entsprechenden Auftrag erteilt, bezüglich einer Abgabe von Kampfpanzern eine Prüfung der verschiedenen Typen des Panzers Leopard 2 bei den Streitkräften und in der Industrie durchzuführen.“ Vier Tage darauf erklärte der Bun- deskanzler die „in engster Abstimmung mit den eu- ropäischen und internationalen Partnern“ getroffene Entscheidung, den ukrainischen Streitkräften Kampf- panzer vom Typ Leopard 2 zur Verfügung zu stellen. Insgesamt 14 Kampfpanzer Leopard 2 A6 aus Bestän- den der Bundeswehr sollen zusammen mit weiteren Partnern die Aufstellung zweier Panzerbataillone mit Leopard 2 in der Ukraine sicherstellen. Diese Zahl wurde kurz darauf noch einmal auf 18 aufgestockt. Erste Truppenbesuche Diese Entscheidung vertrat er dann in einem Trup- penbesuch am 1. Februar gegenüber dem Panzer- bataillon 203 in Augustdorf, für die sich der Abzug von 14 Kampfpanzern erheblich auf die weiteren Pla- nungen auswirken wird. Gleichzeitig steht er für die Notwendigkeit der Nachbeschaffung dieser Systeme genau wie auch der bereits zur Unterstützung an die Nachdem Bundestagspräsidentin Bärbel Bas Don- nerstag, den 19. Januar 2023 dem neuen Bundesmi- nister der Verteidigung, Boris Pistorius (SPD), den Amtseid abgenommen hatte, begann die sogenann- te 100-Tage-Frist. Normalerweise, aber seit der Annektierung der Krim 2014 und unzweifelhaft mit dem Beginn der Invasion russischer Truppen in der Ukraine am 24. Februar ver- gangenen Jahres ist nichts mehr „normal“. Und mit der von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar in seiner Regierungserklärung benannten und nunmehr von der Gesellschaft für deutsche Sprache als Wort des Jahres gekürten „Zeitenwende“ ist „danach“ nichts mehr wie „davor“. Und eines haben wir und auch der neue Bundesminister der Verteidigung nicht mehr: Zeit! Eine erste Bilanz Von Wolfgang Gelpke Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernennt Boris Pistorius zum Bundesminister der Verteidigung. ©Bw/Tom Twardy Boris Pistorius beim ersten Treffen mit der Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine im Ramstein-Format am 20. Januar 2023 ©Bw/Robert Eatough9HHK 2/2023 Politik Wasser in den Wein, da zum einen die aktuelle Fi- nanzmarktsituation die Aufwendungen für Zinsen zu einer Reduzierung der verfügbaren Mittel von 2022 prognostiziert 92 Milliarden Euro auf nunmehr 87 verringert hat. Zudem führen bereits prognostizier- te Kostensteigerungen, beispielsweise beim neuen Transporthubschrauber, wiederum zu einer Verringe- rung des verfügbaren Volumens und der Forderung des Ministers bereits im Februar für zusätzliche Mittel im Verteidigungshaushalt in Höhe von zehn Milliar- den Euro für die Beschaffung. Steigende Ausgaben für Personal, aber auch der Betrieb fordern hier ihren zusätzlichen Tribut. Auch der dringend notwendige Ersatz der abgegebe- nen Großwaffensysteme und das Auffüllen der Mu- nitionsbestände sind Herausforderungen. Zum einen haben sich die Auftragsbücher der Rüstungsfirmen inzwischen auch mit Bestellungen von europäischen und NATO-Partnern gefüllt und die Kapazitäten sind nicht grenzenlos erweiterbar. Die Bestellungen der Bundeswehr reihen sich somit in diesen Bedarf ein: first come – first serve. Zur Ausstattung der neuen radbeweglichen mittleren Kräfte des Heeres mit Waf- fensystemen auf Basis des Gepanzerten Transport- kraftfahrzeuges GTK Boxer wurde am 23. März 2023 durch den Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Hitschler gemeinsam mit dem australischen Rüstungs- minister Pat Conroy eine Zusammenarbeitserklärung zur beabsichtigten Beschaffung von mehr als 100 Gefechtsfahrzeugen des Typs schwerer Waffenträ- ger Infanterie unterzeichnet. Hiermit werden die Produktionskapazitäten des Military Vehicle Centre of Excellence (MILVEHCOE) von Rheinmetall Defence Australia in Redbank, Queensland, genutzt, um die- se Fahrzeuge auf der anderen Seite der Welt für das Deutsche Heer zu produzieren. Neue Wege, mit denen sich bei Verzicht auf deut- sche Sonderlösungen auch Zeit gewinnen lässt. Und für den Ersatz der an die Ukraine abzugebenden Ukraine abgegebenen Waffensysteme Panzerhaubit- ze 2000 und Raketenwerfer MARS und sprach zeitnah hierüber mit Vertretern der Industrie. Zeitgleich mit der Entscheidung zur Abgabe der Leopard-Kampf- panzer verschaffte er sich auf dem Truppenübungs- platz Altengrabow bereits einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Schützenpanzers Puma des Panzergrenadierbataillons 122 aus Oberviechtach und den Fähigkeiten des Logistikbataillons 171. Herausforderungen für den neuen Minister Die bereits benannte materielle Vollausstattung der Truppe, stark reduziert durch die bereits erfolgten und geplanten Waffenlieferungen aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine, die Notwendigkeit einer Kaltstartfähigkeit der Verbände für ihren Auftrag zur Landes- und Bündnisverteidigung, die Zusagen der Bundesregierung gegenüber der NATO im New Force Model (NFM), ca. 30.000 Soldaten – das Doppelte ge- genüber der NATO Response Force 2024 – bereits 2025 eine einsatzfähige Division bereitzustellen, stellen das Land, die Streitkräfte und das Amt vor große Aufga- ben. Die Zusagen der Bundesrepublik zum dauerhaf- ten Schutz der NATO-Ostflanke und der Aufwuchs der Reaktionskräfte im New Force Model stellen hohe Anforderungen an Personal, Organisation und Aus- rüstung. Die Herausforderungen im Bereich des Per- sonals und notwendige strukturelle Veränderungen stehen aber weiterhin im Raum und die Diskussionen um den Beschaffungsprozess und einer entsprechen- den Beschleunigung sind noch lange nicht am Ende. Materielle Vollausstattung Um die Bundeswehr für ihren Auftrag angemessen auszustatten, wurde das einmalige Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Aus- stattung der Bundeswehr und die Erfüllung des Zwei- Prozent-Ziels in den kommenden Jahren beschlossen. Allerdings gießt sich im Laufe der Zeit immer mehr Verteidigungsminister Boris Pistorius während der Übung „Griffin Lightning“ ©Bw/Tom Twardy /Tom TwardyNext >