Anfang der 2010er-Jahre war die Elektronische Kampfführung (EloKa) primär auf das internationale Krisenmanagement ausgerichtet. Einsatzkontingente wurden nach dem Taskforce-Prinzip „Tailored to the Mission“ zusammengestellt. In den einzelnen Bataillonen erfolgte eine gezielte Bündelung von Fachexpertise, um den vielfältigen Anforderungen des modernen Krieges gerecht zu werden. Diese Phase legte den Grundstein für die heutige Elektronische Kampfführung.
Mit der Annexion der Krim durch Russland und dem anschließenden Konflikt in der Ukraine begannen tiefgreifende Veränderungen in der militärischen Landschaft. Die Neuausrichtung der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) markierte einen Wendepunkt; eine Zeitenwende, in der Kriegstauglichkeit neu definiert wurde. Wesentliche Entwicklungen zeigten sich im Bereich Navigation Warfare (NAVWAR), also der gezielten Beeinflussung von Satellitenkommunikation sowie dem Schutz gegen elektronische Angriffstechniken. Die rapide fortschreitende technologische Entwicklung, angetrieben durch kommerzielle Off-the-Shelf-Produkte, führte zu immer kürzeren Innovationszyklen. Dies zwang die Streitkräfte dazu, ihre Strategien kontinuierlich anzupassen und neue Ansätze für die Elektronische Kampfführung zu entwickeln.
Die Neuausrichtung
Für die Elektronische Kampfführung bedeutete diese Entwicklung eine grundlegende Anpassung. Die Umsetzung der Bedarfsträgerforderungen des Heeres erforderte eine Reorganisation, um eine einheitliche Struktur innerhalb der Verbände zu schaffen. Dies führte zur Einteilung ganzer EloKa-Bataillone als geschlossene Elemente, die organisch über sämtliche geforderte Fähigkeiten verfügen. Ein zentraler Aspekt dieser Neuausrichtung war die Anpassung an das New Force Model der NATO sowie die Einführung von Tier-Stufen.
Materiell wurde die Elektronische Kampfführung einer umfassenden Weiterentwicklung unterzogen, die auf einer systematischen Defizitanalyse basierte. Erkenntnisse aus dem Einsatz der Elektronischen Kampfführung im Russland-Ukraine- Konflikt ermöglichten die Ableitung konkreter Bedarfe. Besonders der Fokus auf Navigation Warfare und die Abwehr von Drohnen rückte in den Vordergrund. Auch der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Multi-Domain Operations gewannen an Bedeutung. Strategische Fähigkeiten des elektromagnetischen Kampfes sollten ausgebaut werden, sodass der Cyber- und Informationsraum nicht nur als unterstützende Kraft, sondern als integraler Bestandteil moderner Kriegsführung betrachtet würde.
Neue taktische Grundsätze
Die aktuelle Situation verlangt eine Rückbesinnung auf grundlegende Fähigkeiten, die im Rahmen des traditionellen internationalen Krisenmanagements nicht in diesem Umfang erforderlich waren. Durch die fortschreitende Digitalisierung und die Zunahme von Emitterquellen auf dem Gefechtsfeld steigen die Abhängigkeiten von kabellosen Systemen, wie Satellitenkommunikation (SATCOM) oder Global Navigation Satellite Systems (GNSS), die für Positioning, Navigation und Timing (PNT) in modernen Waffensystemen unerlässlich sind.
Besonders bei endphasengesteuerter Munition, Präzisionsbomben, -raketen und Marschflugkörpern ist eine zuverlässige Navigation entscheidend. Ziel der Elektronischen Kampfführung ist es, eine technologische Überlegenheit im elektromagnetischen Spektrum zu erlangen: Das bedeutet die uneingeschränkte Nutzung eigener Kommunikationswege und die systematische Verweigerung dieser Möglichkeit für den Gegner.
Ein weiteres zentrales Element ist die Fähigkeit, die Aufklärungs- und Wirkungszyklen zu verkürzen. Durch die Verbesserung von Electromagnetic Operations und die Optimierung der Command-and-Control- Strukturen steigert die Elektronische Kampfführung ihre Reaktionsfähigkeit. So kann sie flexibel auf Bedrohungen reagieren und ihre operative Schlagkraft erhöhen. Mit der gezielten Nutzung von KI und automatisierten Entscheidungssystemen eröffnen sich neue Möglichkeiten, das elektromagnetische Spektrum effizienter zu nutzen. Hochpräzise Sensoren und algorithmische Datenverarbeitung erlauben eine Echtzeitanalyse feindlicher Signale, um Störmaßnahmen gezielt einzusetzen.