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Beitrag zur Kriegstüchtigkeit? Die Frage stellt sich gar nicht, wir müssen das!

Frank Leidenberger, CEO der BWI GmbH, stellte sich den Fragen von Chefredakteur Michael Horst. (Foto © MRV/Horst)
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Nachgefragt bei … Frank Leidenberger, Chief Executive Officer der BWI GmbH

Herausforderung prägt aktuell Ihr Tagesgeschäft? Das, was uns eigentlich alle umtreibt, sind die Herausforderung durch den Krieg in der Ukraine und der damit einhergehende veränderte Bedarf der Bundeswehr. Auch die BWI muss sich anpassen, um die Bundeswehr besser bei ihren neuen Aufgaben unterstützen zu können – vor allem mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Aktuell ist es daher unsere Kernaufgabe, diese Veränderungen so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen und uns neu aufzustellen – damit meine ich nicht organisatorisch. Es geht um ein Umdenken, damit wir die Bundeswehr bestmöglich unterstützen können. Nicht nur im Frieden, sondern auch in Krise und Krieg. Die BWI kommt bekanntermaßen aus einem ganz anderen Umfeld, das man früher weiße oder administrative IT genannt hat. Durch die neuen Anforderungen und Aufgaben erweitert sich unser Aufgabenfeld also deutlich. Die Bundeswehr hat aber auch gelernt, dass ohne den IT-Grundbetrieb nichts funktioniert. Denken Sie beispielsweise an das Thema Logistik.

Welche wesentlichen Vorteile bietet die BWI als eine Inhouse-Gesellschaft des Bundes für die Bundeswehr? Ich glaube, der signifikanteste Vorteil ist, dass wir mit Blick auf die Dynamik am IT-Markt – und damit meine ich sowohl was die Technologie angeht als auch das Thema Arbeitskräfte – in der Lage sind, für die Bundeswehr die entsprechenden Fähigkeiten deutlich proaktiver zur Verfügung zu stellen, als es vielleicht eine Behörde könnte. Wir sind als bundeseigene Gesellschaft aber auch etwas eingeschränkt, was beispielsweise unsere Möglichkeiten der Finanzierung angeht. Die BWI darf sich etwa nicht am Markt finanzieren. Wenn es größere Investitionen gibt, dann beauftragt uns die Bundeswehr, überweist uns das Geld und wir setzen den Auftrag dann entsprechend um. Insofern sind wir eine GmbH mit ein bisschen gedämpftem Schaum. Die Vorteile liegen trotzdem klar auf der Hand.

Die BWI soll zum IT-Systemhaus der Bundeswehr werden und auf die Stärkung der digitalen Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte ausgerichtet werden. Was bedeutet das im Wesentlichen und wo steht die BWI zurzeit? Ich glaube, IT-Systemhaus sind wir schon. Wenn Sie sich unser Leistungsportfolio anschauen von Field- Service, User-Helpdesk, Betrieb von Rechenzentren, Beratungsleistungen für die Bundeswehr, der große und wichtige Komplex IT-Sicherheit bis hin zu dem, was wir Customer-Solution-Units nennen, sind wir glaube ich schon IT-Systemhaus. Wir haben eine große Breite des Angebots. Wo wir eigentlich hinwollen, ist das, was wir Digitalisierungspartner nennen. Wir möchten die Bundeswehr proaktiv beraten und unterstützen und nicht warten, bis ein Auftrag kommt. Das ist übrigens auch die Forderung von General Michael Vetter, dem Abteilungsleiter CIT. Er fordert die BWI regelmäßig auf, die Bundeswehr ein bisschen zu treiben. Aufgrund der Finanzierungsgegebenheiten und der Art und Weise, wie wir beauftragt werden, sind uns da natürlich ein paar Grenzen auferlegt. Aber im Kern sind wir uns einig und diese Forderung entspricht auch unserem Anspruch. Und diesem versuchen wir gerecht zu werden.

Zusammenarbeit führt zum Erfolg. (Foto © BWI GmbH/Frank Löschke)

Die BWI hat im letzten Jahr die Vergabe-Roadmap veröffentlicht und plant, Aufträge von rund vier Milliarden Euro an die Wirtschaft zu vergeben. Welche besonderen Herausforderungen bedeutet das insgesamt für das Unternehmen und wie viel Geld ist noch in Ihrer „Kriegskasse“? Die BWI setzt in diesem Jahr etwas mehr als 1,8 Milliarden um. Das lässt sich im Einzelplan 14 nachlesen. In den Folgejahren steigt diese Summe jährlich um etwa 150 bis 250 Millionen an. Da gibt es auch ab und zu Ausschläge nach oben, wenn wir zusätzliches Geld vom Bund erhalten, um es zu investieren. Wir stehen beispielsweise vor der Aufgabe, die Rechenzentren zu erneuern. Das am Markt auch bekannte Thema German Mission Network ist natürlich auch etwas, was die Bundeswehr bei uns beauftragt und kleinere Milliardenbeträge erforderlich macht. Zunächst einmal für Investitionen in den Aufbau, aber dann auch für den Betrieb und die Regeneration der Systeme. Insofern würde ich mich gar nicht so auf diese vier Milliarden fokussieren. Im Grunde genommen geben wir jedes Jahr innahezu ein Drittel des verfügbaren Volumens als reine Investitionen wieder an den Markt. Und das neben den Dingen, die wir ohnehin nach draußen geben und beauftragen.

Zivile und militärische Mitarbeiter auf der Suche nach der besten Lösung. (Foto © BWI GmbH/Frank Löschke)

Welche wesentlichen Forderungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der BWI haben Sie an die Wirtschaft/Industrie? Grundsätzlich die gleichen Forderungen, die die Bundeswehr auch an uns hat. Wir benötigen beispielsweise verlässliches Personal, das in der Regel auch gewisse Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen muss. Aber wir erwarten von unseren Partnern auch noch etwas, was uns nicht so gegeben ist. Nämlich, dass sie inhärent Innovationen mitbringen und uns auch helfen, an diesem Punkt Fahrt aufzunehmen. Die Erwartungen hängen aber immer auch vom jeweiligen Partner ab, denn hier gibt es ja große Unterschiede. Wir haben zum einen Partnerschaften mit sehr großen Firmen, die auch Technologien selber weiterentwickeln. Wie etwa die Firmen, die im Netzwerk unterwegs sind, die Server zur Verfügung stellen, die mit uns die Cloud bauen. Da gehen wir davon aus, dass dies von sich aus auch technologische Neuerungen mitbringt. Und dann haben wir auf der anderen Seite Partner, die mit uns in einer partnerschaftlichen Kooperation an Themen wie German Mission Network arbeiten. Gerade bei Projekten dieser Art ist es entscheidend, dass es ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis gibt. Wir wissen natürlich, dass der Markt auch von uns etwas erwartet und beispielsweise ein bisschen enttäuscht ist, wenn Projekte dann nicht so schnell starten wie gehofft. Aber hier ist es einfach so, dass ich immer erst dann Verträge in den Markt geben kann, wenn ich selber beauftragt worden bin. Das ist die Herausforderung. Und alle kennen ja die parlamentarischen Haushaltsprozesse und auch die Vergabeprozesse, die die Bundeswehr anwenden muss. Und denen unterliegen wir in gleichem Maße.

Erfordern die geplanten Strukturanpassungen der Bundeswehr auch Anpassungen in Ihrem Verantwortungsbereich? Ja und nein. Also es entsteht eine neue Teilstreitkraft, das ist richtig. Aber ob das Kommando CIR jetzt als Teilstreitkraft oder als militärischer Organisationsbereich geführt wird, war und ist für die BWI total unerheblich. Wir sind ja ein Dienstleister, der im Prinzip Services und Solutions erbringt. Das zur Verfügungstellen dieser Anwendungen, die die Bundeswehr zum Erfolg befähigen, ist von der Organisationsstruktur der Bundeswehr relativ unabhängig. Wenn wir auf den konkreten Bereich schauen, sehen wir, dass sich die Abteilung CIT intern verändert. Gleiches gilt für das Kommando CIR. Und auch das BAAINBw mag sich ein bisschen verändern, aber in der Relation zu uns bleibt das eigentlich alles gleich.

Arbeitsalltag bei der BWI. (Foto © BWI GmbH/Frank Löschke)

Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie zurzeit bei der Umsetzung der Digitalisierung der Bundeswehr und speziell der Digitalisierung landgebundener Operationen? Die Division 2025 wird ja nicht zeitgerecht ausgerüstet mit dem, was sie eigentlich IT-mäßig braucht, sondern erst 2027. Ja, ich nehme das natürlich auch zur Kenntnis. Warum formuliere ich das so? Weil die BWI nicht vollumfänglich für die Digitalisierung beauftragt ist, insbesondere nicht der landbasierten Operationen. Wir leisten hier immer Teilbeiträge. Wir würden uns durchaus wünschen, dass wir noch ein bisschen mehr helfen könnten. Aber das Herstellen und Einbauen von Funkgeräten ist zum Beispiel nicht die Aufgabe der BWI und wird es auch nach meiner Wahrnehmung nicht werden. Dafür gibt es spezialisierte Firmen und natürlich auch die großen Systemhäuser, die die Integration leisten müssen.

Die aktuelle Herausforderung ist, dass wir nicht aus der Projektwelt 2017/2018 kommend die Streitkräfte für das Jahr 2028 plus rüsten. Daher stellen sich schon Fragen wie zum Beispiel die verschiedenen Frequenzbereiche mittlerweile an Bedeutung gewinnen oder verlieren. Welche Bedeutung hat zum Beispiel Low- Earth-Orbit in Relation zu VHF- und UHF-Funk? Wie bin ich auch im elektromagnetischen Spektrum resilient unterwegs? Das sind Aufgaben, die ich zwar aus meiner persönlichen Historie kenne, aber nicht die Aufgaben der BWI sind. Hier ist das BAAINBw im Lead und orchestriert das auch.

Bis spätestens 2025 stellt die Bundeswehr auf SAP S/4HANA um. Wird das Ziel erreicht und welche Vorteile kann die Bundeswehr erwarten? Also nach unserem derzeitigen Planungsstand kriegen wir das hin. Das ist aber keine einfache Aufgabe. Sowohl die Firma SAP als auch die Kolleginnen und Kollegen im BAAINBw sind alle mächtig angespannt und haben alle Hände voll zu tun. SAP S/4HANA ist sozusagen die neue Plattform, auf der SAP für die Bundeswehr installiert wird. Dadurch sollen die Reaktionszeiten signifikant besser werden und in den Anfragen nahezu Echtzeitfähigkeit ermöglichen. Und darüber hinaus will man auch erreichen, dass das Antwortverhalten insgesamt in der Datenbasis wesentlich schneller funktioniert und dass auch die Speicherkapazität, die nötig ist, wesentlich reduziert wird. Das sind schon signifikante Veränderungen. Zusätzlich wird die BWI neben SAP S/4HANA künftig SAP auch in der Cloud zur Verfügung stellen.

Kann die BWI GmbH zur geforderten Kriegstüchtigkeit beitragen? Die Frage stellt sich gar nicht, wir müssen das. Das hatte ich eingangs schon mal herausgestellt. Die BWI ist mit den bereitgestellten Rechenzentren oder dem Wide Area Network essenzieller Teil des IT-Systems der Bundeswehr und damit sozusagen Kritische Infrastruktur. Ohne uns wird die Bundeswehr überhaupt nicht in der Lage sein, zu planen, zu operieren, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Wir sind da im gleichen Boot wie andere Kritische Infrastrukturen auch. Schauen Sie sich beispielsweise die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine an und wie schnell dort Software entwickelt wird. Stichwort Software Defined Defense. Dort werden beispielsweise Drohnen resilient eingesetzt, auch in GPS-Denied-Environments. Hier wird schnell klar, dass auch eine BWI mit ihren Fähigkeiten zukünftig in diesem Sinne einen Beitrag für die Bundeswehr leisten muss und diese sich auch darauf verlassen kann, dass wir diese Leistungen erbringen.

Wir haben mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung ein größeres Projekt aufgesetzt und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeschworen, die keine Soldaten und auch keine Beamten sind, sondern die wir sozusagen als Staatsbürger mitnehmen wollen.

Herr Leidenberger, ich danke sehr für das gute Gespräch und die interessanten Informationen.

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