Mit der Gründung der Projektgesellschaft „MGCS Project Company GmbH“ am 23. Januar und der Freigabe durch das Bundeskartellamt am 4. April hat das deutsch-französische Entwicklungsprojekt Main Ground Combat System (MGCS) einen bedeutenden Schritt in Richtung des LPA-Entwicklungsvertrags getan. Entwicklung und Bau von Komponenten sollen Ende des Jahres beginnen.
LPA bedeutet Level of Pillar Approach und verweist auf die Aufgliederung des Projekts in Pillars, in denen die Arbeiten im Gemeinschaftsprojekt MGCS auf acht Technologiesäulen verteilt und nationalen Ressourcen zugeordnet werden. An der Projektgesellschaft sind die vier Unternehmen KNDS Deutschland, KNDS France, Rheinmetall Landsysteme und THALES SIX zu gleichen Teilen beteiligt. Die zu vergebenden Arbeiten werden je zur Hälfte auf Deutschland und Frankreich aufgeteilt.
Absicht ist es, den LPA-Vertrag mit einem Volumen im hohen dreistelligen Millionen Euro-Bereich noch in diesem Jahr dem Parlament mit einer 25-Millionen-Euro-Vorlage zur Billigung vorzulegen.
In der etwa vier Jahre dauernden Phase 1 werden die Komponenten entwickelt und Auswahlentscheidungen getroffen. In Einzelfällen werden auch Demonstratoren gebaut. In der Phase 2 werden Demonstratoren gebaut und getestet und die endgültige Konfiguration des MGCS festgelegt. Die Phase 3 befasst sich dann mit der Serienreifmachung.
Im BAAINBw hat das binationale MGCS Combined Project Team (CPT) die Leistungsbeschreibung für die Systemverbundebene und für die Systemebene sowie für die F&T-Säulen erarbeitet. Erste allgemeine Gespräche mit den oben angegebenen vier Firmen haben stattgefunden, damit nach Gründung der Projektgesellschaft die Vertragsverhandlungen zügig beginnenkönnen.
Elemente des MGCS
Die Auslegung des zukünftigen Main Ground Combat Systems (MGCS) wird durch 300 High Level Requirements bestimmt, die in der Anfangsphase des deutschfranzösischen Projekts formuliert worden sind. Schon früh hat sich gezeigt, dass die Realisierung aller Anforderungen mit einem konventionellen „Kampfpanzer“ zu einem untragbaren Gewichtszuwachs geführt hätte und möglicherweise zur Überforderung des Kommandanten. Insbesondere die Gewichtsobergrenze für ein Gefechtsfahrzeug von 50 Tonnen und die Forderung nach Reduzierung des Personals führte zu einem Landkampfsystem, dessen Fähigkeiten auf mehrere Fahrzeuge, darunter voraussichtlich mindestens ein besatzungsloses, verteilt ist.
Für das Mehrplattformsystem MGCS sind bisher je ein bemannter Träger für eine Bordkanone (Gun Platform) mit Ladeautomat (Kaliber noch nicht festgelegt) und für einen weiteren Effektor (Missile Platform, z. B. Hochgeschwindigkeitsflugkörper) und ein besatzungsloser Träger (Combat Support Platform) mit weiteren Effektoren für die Bekämpfung von Zielen außerhalb der Sichtlinie (Non line of sight, NLOS) und Counter UAV sowie Aufklärungsmitteln u. a. mit abgesetzten Sensoren auf unbemannten Luft- und Bodenfahrzeugen (UAV, UGV) vorgesehen. Die Fahrzeuge sind – aus taktischen und logistischen Gründen – in der gleichen Gewichtsklasse unter Verwendung der gleichen Wanne.
Beschleunigung der Prozesse
Das zukünftige Gefechtsfeld gilt als transparent durch die hohe Anzahl an Sensoren, die im Netzwerk trotz reduzierter Signaturen moderner Gefechtsfahrzeuge hohe Aufklärungsleistung erreichen. Das führt zu einem drastisch verkürzten OODA-Loop, dem Zeitraum zwischen Beobachten (Observe), Orientieren (Orient), Entscheiden (Decide) und Handeln (Act). Um die Reaktionszeiten zu verkürzen, sind automatische Prozesse erforderlich. Heute wird ein Zeitraum von maximal zwei Minuten genannt, nach der eine Stellung wieder verlassen werden muss. In der Konsequenz muss das MGCS zu einem Vernichtungstreffer mit dem ersten Schuss (hohe Präzision und hohe Wirksamkeit) befähigt sein und zu hoher Mobilität.
Für die Mobilität verantwortlich sind nicht nur Triebwerk und Laufwerk (und niedriges Gewicht), sondern auch geistige Beweglichkeit des Kommandanten, der – gestützt durch ein automatisiertes Aufklärungs- und Feuerleitsystem – schnell entscheiden kann und auch in der Bewegung den vollständigen Überblick über die Lage behält. Daher ist die Optimierung der Sensor-to-Shooter- Kette einschließlich besatzungsloser Boden- und Luftfahrzeuge in dem Multiplattform-System sowohl auf Plattform- als auch auf Systemebene entscheidend für eine erfolgreiche Konfiguration des MGCS.
Bewaffnung des MGCS
Im Waffenmix des MGCS ist die Bordkanone die Hauptwaffe für den Kampf gegen gepanzerte Ziele im direkten Richten (Line of sight, LOS) auf Entfernungen bis 5.000 Meter. Die Auswahl eines Kalibers – 130 mm oder 140 mm – wird erfolgen, wenn Demonstratoren von Rheinmetall und KNDS im Vergleich getestet werden konnten. Abmessungen und Gewichte der zugehörigen kinetischen und Sprengmunition erfordern einen automatischen Lader. Damit kann die Besatzung in die Wanne verlegt werden. Das führt zu einem reduzierten umpanzerten Raum im Turm, der zudem nicht so stark gepanzert werden muss. Daraus ergibt sich eine Gewichtersparnis deutlich über fünf Tonnen. Für den Bereich außerhalb der Sichtlinie kommen konventionelle und Hyperschall-Flugkörper zum Einsatz. Wie oben schon beschrieben, ist für einen Erstschuss- Vernichtungstreffer präzise und in Echtzeit übermittelte Zielinformation unabdingbar.