Das Projekt „Modernes Lernen“ läutet eine neue Ära an der größten und anerkannten Ausbildungseinrichtung für Logistik in den Streitkräften ein. An allen drei Standorten der Logistikschule der Bundeswehr – Garlstedt, Plön und Putlos – sollen Lehre und Lernen zukünftig moderner, digitaler und nachhaltiger sein. Die Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) bildet jährlich bis zu 15.000 Trainingsteilnehmende in rund 200 verschiedenen Trainingstypen aus. Der in der Agenda Ausbildung ausgebrachten Aufgabe, Ausbildung kompetenzorientiert durchzuführen, stellt sich die LogSBw sehr erfolgreich. So wurden bereits mehr als 30 Trainings auf kompetenzorientierte Ausbildung, kurz: KOA, umgestellt. Viele weitere sind initiiert.
Mit Virtual Battle Space 3 (VBS 3), einem Taktik Shooter, üben hier die trainingsteilnehmenden Transportfeldwebel in der virtuellen Realität allein und im Mehrspielermodus, was sie später auf der Straße beherrschen müssen: Fahrerische Anforderungen in unterschiedlichsten Situationen, Fahren in Marschverbänden sowie das Sichern des Transports können hier in der virtuellen Realität geübt werden. (Foto © LogSBw/Brian Melzer)
Digitalisierung und Fortschritt beim hybriden Lernen erhielten durch COVID-19 einen kräftigen Schub. Auch in Garlstedt, Plön und Putlos. So sahen manche Ausbilder und Ausbilderinnen den pandemiebedingten Krisenmodus und die damit einhergehende Reduzierung der Präsenzzeiten als Chance, den Unterricht moderner und interaktiv zu gestalten. Leutnant Tim Krüger, Ausbilder für Unteroffiziere in der Materialbewirtschaftung, ist einer von ihnen: „Wir wollen weg vom starren Unterricht. Wir möchten unsere Trainingsteilnehmenden aktiveren, das macht Ausbildung leichter.“ Gemeinsam mit seiner Kameradin Hauptmann Nadine Neu entwickelte er erste Ideen für kurze Erklärvideos, Kreuzworträtsel und Learnhacks wie Karteikarten, um E-Learning-Phasen ansprechender zu gestalten und die Trainingsteilnehmenden zu aktivieren
Erfolg setzt gute Ausbildung voraus
Brigadegeneral Boris Nannt, Kommandeur der LogSBw und Verfechter hybriden Lernens, erachtet es als wichtig und gut, neue Wege des Lernens zu erproben, „Nur so entwickeln wir uns weiter“, betont er. Die nächste Generation, die durch das Kasernentor der Logistikschule kommen würde, kenne nichts anderes. „Die Trainingsteilnehmenden werden immer mehr aus einer Welt kommen, in der Digitalisierung Normalität ist. Da können wir es uns nicht erlauben zu sagen, bei uns nicht.“ Hybride Ausbildung sei demnach ein Merkmal für die Schule der Zukunft. Vor seiner Zeit als Schulkommandeur war er an der Führungsakademie der Bundeswehr für die Weiterentwicklung der Lehre verantwortlich. Ihm sei es wichtig, den Nachwuchs der Bundeswehr zu begleiten und deren Entwicklung zu beobachten. Brigadegeneral Nannt möchte den Trainingsteilnehmenden in aller Breite eine exzellente Ausbildung bieten – modern, zeit- und ortsunabhängig.
Rund 40 Stunden Zeichnen und noch mal rund 40 Stunden für den Videoschnitt und die Vertonung: Dann war das erste zweieinhalbminütige Erklärvideo Hannah im Kasten. Hier sitzt Torsten Mäkler, ein Mitarbeiter des Videoteams der LogSBw, am Schnittpult. ( Foto © LogSBw/ Petra Reiter)
Dabei soll die LogSBw nicht aus rein virtuellen Klassenzimmern bestehen. „Die Zukunft des Lernens und der Lehre an der Logistikschule der Bundeswehr wird aus agilen hybriden Modellen bestehen“, erklärt Nannt zielorientiert. Anfang vergangenen Jahres startete die Schule das Schlüsselprojekt für die neue Form von Lehre und Ausbildung: das Projekt „Modernes Lernen“ (ML). „Kraft kann nur entfaltet werden, wenn sie gebündelt wird“, so Projektleiter Nannt. Er setzt dabei nicht nur auf sein Team in der Projektgruppe, sondern bindet das gesamte Personal an der LogSBw ein: „Dies ist unsere Logistikschule. Wir alle sind unverzichtbare Zahnräder im Getriebe und tragen tagtäglich zu einem Ausbildungsbetrieb auf hohem Niveau bei.“ „Wir haben eine klare Vision, wie wir das Lernen und die Lehre künftig ausgestalten wollen. Wir werden ein Markenzeichen setzen“, bekräftigt Brigadegeneral Boris Nannt den Kick-off ins hybride Zeitalter.
Im Dreiklang gemeinsam zum Ziel
Modernes Lernen ist dabei jedoch nicht nur die Digitalisierung des hier und jetzt. Vielmehr geht es um die Weiterentwicklung jedes einzelnen, digitale Ansätze mit Substanz zu untermauern und Wissen in Kompetenz zu verwandeln. Grundlage für diese neue Lernkultur sind drei Bereiche, die eng miteinander verzahnt sind: kompetenzorientierte Ausbildung, Digitalisierung und Wissensmanagement. „Nur in diesem Dreiklang können wir das Potenzial modernen Lernens optimal ausschöpfen“, weiß Nannt. Ziel ist die Umsetzung und Akzeptanz dieses Dreiklangs zu einer neuen Kultur des „So machen wir das hier an der Logistikschule“. Hierfür sind nicht nur das Projektteam, sondern alle Schulangehörigen angesprochen, sich mit Ideen einzubringen. „Denn nur wir gemeinsam können die Ausbildung ändern“, ist sich der Kommandeur sicher. Von außen getrieben zu werden, bringe nicht die ge wünschten Ziele. Erste Erfolge sind bereits sichtbar. So habe die Pandemie die Ideen des Leutnant Krüger angestoßen, das Projekt ML habe ihm einen ordentlichen Schub verpasst, sodass ein erstes Erklärvideo zum Thema Lagerhaltung produziert und bereits erfolgreich getestet werden konnte.
Weitere kreative Ideen brachte ein durch Brigadegeneral Boris Nannt initiierter schulinterner Ideenwettbewerb hervor. Die drei besten Ideen wurden von ihm bestpreisprämiert:
- Trainingsteilnehmende können den Smart-TV auf ihrer Stube nun auch für Waffen- und Geräteausbildung, Vorschriftenstudium oder andere digitale Lerninhalte nutzen.
- Erste Bild-in-Bild-Videos, bei denen der Ausbilder einen Vortrag über eine Webcam hält und im Hintergrund die Präsentation oder der Vortrag abgebildet wird, wurden aufgezeichnet und können nun für das selbstständige Erarbeiten von Lerninhalten genutzt werden.
- Das erste logistische Hörbuch der LogSBw hat eine Testphase durchlaufen. So können beispielsweise Fahrzeiten effektiv genutzt werden.
„Auch die anderen elf Ideen werden umgesetzt und erprobt“, betont Oberstleutnant Michael Seyda, Kommandeur der Lehrgruppe B und Leiter des Projektes ML. Kreativität, Innovationsfreudigkeit und Agilität sowohl beim Ausbildungspersonal als auch bei den Trainingsteilnehmenden sind der Schlüssel zum Erfolg des Projekts. Diese ersten, vielversprechenden Erfolge zeigen, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde.
Ein wichtiger Meilenstein für das Projekt ML: die Unterzeichnung der Leistungsvereinbarung zwischen der ITSBw und der LogSBw. ( Foto © ITSBw/ Lucas Langehegermann)
Wichtige Meilensteine auf dem Weg zum Ziel
Einen ganz entscheidenden Schritt zu einer modernen, orts- und zeitunabhängigen logistischen Ausbildung ist die LogSBw im Sommer vergangenen Jahres gegangen: Brigadegeneral Boris Nannt und Brigadegeneral Rainer Simon, Kommandeur der IT-Schule der Bundeswehr (ITSBw), unterzeichneten eine Leistungsvereinbarung. Die Ausbilder und Trainingsteilnehmenden der LogSBw können nun die Services der ITSBw für ihre E-Learning-Anteile nutzen. So ist es möglich, das Lernmanagementsystem Moodle für die digitale und ortsunabhängige Stoffvermittlung Ein weiterer fundamentaler Bestandteil bei der Verwirklichung des Projektes ist die Schulung der Ausbilder. Bei wöchentlich 90 Trainings an der LogSBw musste auch dieses Vorhaben gut strukturiert werden, denn die Ausbildung der Ausbilder erfolgt on top.
„Die Logistikschule war, ist und bleibt auch in Zukunft im Kern eine Präsenzschule. Niemand hat die Absicht, die Logistikschule zu virtualisieren und in die Matrix hochzuladen. Gleichwohl: Die Zukunft ist hybrid. Das Spannende am Projekt ist, dass es zwar an der Logistikschule gestartet ist, die Beteiligten es dann aber zu einem Netzwerk an Expertise und Innovation mit vielen starken und kompetenten Partnern weiterentwickelt haben. Das beobachten wir mit großer Freude.“ Oberstleutnant Michael Seyda, Kommandeur Lehrgruppe B und Projektleiter „Modernes Lernen“ ( Foto © Lindhorst)
Nachdem die notwendige hardwareseitige Infrastruktur für Moodle gesichert wurde, galt es, das Lehrpersonal so zu schulen, dass es die wichtigsten Funktionalitäten im Moodle anwenden kann. Die Ausbilder beschäftigen sich in sogenannten Inhouse- Schulungen mit der Aufbereitung, der Gestaltung und der Verwendung von Medien für online Lehrund Lernsituationen. Für jede Inspektion der LogSBw soll zunächst so mindestens ein Power-User geschult werden, der dann als Multiplikator in seine Inspektion zurückgeht. Bis zum Ende dieses Jahres soll allen Ausbildern ein Angebot für eine solche Inhouse-Schulung gemacht werden. Die Qualifizierung des Ausbildungspersonals für KOA erfolgt zum einen in Workshops und unterstützend dazu durch vier Online-Lernmodule. Diese Ausbildung erfolgt durch die Firma SZENARIS, die bereits mehrere Ausbildungsprojekte bei der Bundeswehr betreut hat. Ziel der Ausbildung ist neben der Qualifizierung kompetenzorientiert, also aktivierend, auszubilden, die eigenen Schulungsunterlagen auf KOA zu überprüfen und umzugestalten.
Mehr als ein Projekt
Das Projekt ML beschäftigt sich vorrangig damit, an der zentralen Ausbildungseinrichtung für Logistik in den Streitkräften Lehr- und Lerninhalte und Ausbildungsmethoden modern zu gestalten. „Ausbildung wird sich weiterentwickeln und damit eine ständige Aufgabe sein“, weiß Schulkommandeur Nannt. „Dafür brauchen wir ein Element“, ergänzt er. Ein Nachlassen kommt für ihn nicht infrage. So soll das Projekt ML in eine Struktur überführt werden. Hierfür geht die Schule ab April in eine sogenannte Arbeitsgliederung, in der das Element Modernes Lernen im Bereich Lehre und Ausbildung etabliert sein wird. Hier geht es um die Qualität der Ausbildung und die Qualifizierung der Ausbilder, also darum, wie sich die Lehre an der LogSBw methodisch und didaktisch weiterentwickeln wird.
Zukunftsbild Modernes Lernen (Foto © LogSBw)
Für das Projekt ML muss und wird es ein Ende, einen Tag X, geben. Ab diesem Tag soll die Logistikschule der Bundeswehr und mit ihr 200 verschiedene Trainings- lassen kommt für ihn nicht infrage. So soll das Projekt ML in eine Struktur überführt werden. Hierfür geht die Schule ab April in eine sogenannte Arbeitsgliederung, in der das Element Modernes Lernen im Bereich Lehre und Ausbildung etabliert sein wird. Hier geht es um die Qualität der Ausbildung und die Qualifizierung der Ausbilder, also darum, wie sich die Lehre an der LogSBw methodisch und didaktisch weiterentwickeln wird. Für das Projekt ML muss und wird es ein Ende, einen Tag X, geben. Ab diesem Tag soll die Logistikschule der Bundeswehr und mit ihr 200 verschiedene Trainingstypen umgestellt sein. Für Nannt und die LogSBw ist dieser Tag X wichtig: „Nur wenn wir diesen Tag festlegen, werden wir die richtigen Schritte machen.“ Auch wenn Ertüchtigung der IT-Infrastruktur und Ausbau der MAT-Kapazitäten (Moderne Ausbildungstechnologien) nach wie vor Hürden in der Umsetzung des Projektes sind, ist sich Nannt sicher, dass dies im schlechtesten Fall eine Verzögerung, in keinem Fall ein Stopp des Projektes bedeuten könnte: „Am Ende schaffen wir es, dass alle zu jeder Zeit an jedem Ort von überall geschult werden können!“
Von Regierungsamtsinspektorin Kathleen Riediger, Logistikschule der Bundeswehr
Nachgefragt bei… Brigadegeneral Boris Nannt, Kommandeur Logistikschule der Bundeswehr
Sehr geehrter Herr General, was kennzeichnet die neue Ausbildungskultur an der Logistikschule der Bundeswehr?
Ganz viel Miteinander! Die Lehrgangsteilnehmenden verlassen die Passivität des Kinostuhls hin zum gemeinsamen Machen. Ausbilder und Lehrgangsteilnehmende verstehen sich als Tandem, als eine Lernpartnerschaft, in der die Potenziale aus einer aktivierenden Ausbildung, Wissensmanagement und Digitalisierung voll ausgeschöpft werden zu einer neuen Kultur des „So machen wir das hier an der Logistikschule“. Unser Maßstab ist das Bestehen im Einsatz. Und genau dafür schaffen wir mit unserem Projekt die Voraussetzungen. Dazu gehören ganz viele neue Wege, kreative Ideen und Ausprobieren. Von den Teilnehmenden erwarten wir, sich aktiv mit ihren Erfahrungen einzubringen und Lernen als dauerhaften Prozess zu verstehen, bei dem sie von jedem Ort und zu jeder Zeit lernen und auf Wissen zugreifen können.
(Foto © Bw/Daniel Uphaus)