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Voraussetzung für die „digitale Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr ist deren durchgängige Digitalisierung!

Um auch digital kriegstüchtig zu werden, benötigt die Bundeswehr leistungsfähige Kommunikations- und Führungssysteme. (Foto© Bw/Stefan Uj)
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Interview mit Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum

Herr Admiral, vor welchen besonderen Herausforderungen steht der Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr aktuell? Wir stehen vor zahlreichen Herausforderungen. Sowohl im Cyber- wie auch im Informationsraum sehen wir uns permanent Angriffen und Einflussnahmen ausgesetzt. Dies sind Versuche, in unsere Netze einzudringen, uns auszuspionieren, unsere IT-Services lahmzulegen sowie Propagandakampagnen, die zum Teil mit gezielten Falsch- und Desinformationen arbeiten. Wir fassen diese Aktivitäten mit dem Begriff der „hybriden Einflussnahme bzw. Kriegsführung“ zusammen. Eine ganz konkrete Herausforderung dabei ist die oft nicht ganz einfache Zuordnung der Urheberschaft dieser Angriffe, die sogenannte Attribution. In einem technisch anspruchsvollen und komplexen Umfeld die eigenen Informationen zu schützen, Angriffsversuche zu identifizieren und abzuwehren, ist einer unserer Kernaufträge. Ein weiterer herausfordernder Kernauftrag ist die Digitalisierung der Streitkräfte in ihrer vollen Bandbreite, bei der wir schon vorangekommen sind, uns gerechnet auf Strecke und Zeit jedoch auf einem Marathon befinden, während die Zeit nur für einen Tausend-Meter-Lauf reicht. Dazu gehört die Integration neuer Technik und die Einführung neuer Führungsmittel der Streitkräfte. Mit dem Sondervermögen konnten wir hier Projekte im Wert von 20 Milliarden Euro anschieben, die jetzt umgesetzt werden müssen.

Der Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum (CIR) ist seit April 2024 eigenständige Teilstreitkraft. Welche wesentlichen Gründe führten aus Ihrer Sicht zu dieser Entscheidung, was ändert sich dadurch zukünftig und was können Sie uns zu den Planungen und Zeitlinien sagen? Auch vor dieser Entscheidung waren die Kräfte des Organisationsbereiches CIR stets unterstützend in den Räumen der bisherigen drei Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine als deren Auge, Ohr und zentrales Nervensystem unterwegs und anerkannt. Daneben haben die CIR-Kräfte beispielsweise in den Bereichen Cyber, Elektronische Kampfführung und Operative Kommunikation auch schon immer in der eigenen Dimension CIR „gekämpft“, also Wirkung erzielt.  Die Entscheidung des Ministers im Rahmen des Osnabrücker Erlasses hat der Teilstreitkraft CIR nun die Verantwortung für diesen eigenen Raum zugewiesen. Dies ist konsequent, weil bei Konflikten und Kriegen im 21. Jahrhundert dieses eigene Gefechtsfeld an Bedeutung gewinnt. So wie Heer, Luftwaffe und Marine zu Land, Luft und See verantwortlich für die Verteidigung Deutschlands sind, so ist es Aufgabe unserer Teilstreitkraft (TSK), Deutschland im CIR, auf dem „digitalen Gefechtsfeld“ zu verteidigen.

Der Inspekteur der neuen, vierten Teilstreitkraft: Vizeadmiral Dr. Thomas Daum. (Foto© Bw/Stefan Uj)

Eine Voraussetzung für diese „digitale Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr ist deren durchgängige Digitalisierung entlang gemeinsamer Standards und Prozesse. Diese zu erarbeiten, vorzugeben und im Verbund mit den anderen TSK in den Alltag der Bundeswehr umzusetzen, ist ebenfalls Aufgabe der TSK CIR. Wir erfüllen somit wesentliche bundeswehrgemeinsame Aufgaben, sind Unterstützer der anderen Teilstreitkräfte und führen unser eigenes Gefecht. Was ändert sich nicht: Es wird weiterhin keine eigene Uniform für die TSK CIR geben, denn der Blutaustausch – also Karrierepfade in den Werdegängen CIR mit wiederholtem Wechsel zwischen Verwendungen innerhalb und außerhalb der TSK CIR – würde dadurch unnötig gestört. Es wird keine eigenen Offizier- und Unteroffizierschule geben. Wir vertrauen auf die gute Ausbildung zum Unteroffizier und Offizier an diesen Schulen in den anderen Teilstreitkräften und werden diese dort mit CIR-Anteilen ergänzen. Die Fachausbildung in den Werdegängen CIR findet davon unbenommen am Ausbildungszentrum Cyber- und Informationsraum statt.

Was ändert sich: An der Führungsakademie der Bundeswehr habe ich Interesse an einer eigenen Fakultät CIR, die die fachlichen Ausbildungsanteile CIR in den dortigen Lehrgängen verstärkt und insbesondere die Herausforderungen an einen militärischen Führer in der Dimension Cyber- und Informationsraum stärker in den streitkräftegemeinsamen Übungen abbildet. Zu Zeitlinien: Seit 2021 setzen wir wesentliche Strukturveränderungen im Rahmen von „CIR 2.0“ um, die letzte große Veränderung wurde mit der Zusammenführung unserer bisherigen Schulen zum Ausbildungszentrum CIR umgesetzt. Wir sind hier im Plan, weitere Anpassungen aus der Entscheidung unseres Ministers zur Reorganisation der Bundeswehr sind auf dem Weg und betreffen vorrangig das Kommando CIR, beispielsweise betreffend der Anschlussfähigkeit zum zukünftigen Operativen Führungskommando. Eine große Handlungslinie betrifft die Maßnahmen zum Erreichen der Kriegstüchtigkeit innerhalb der TSK CIR.

Sind Sie mit den bisher getroffenen politischen Entscheidungen zur Struktur und den Aufgaben des CIR zufrieden oder gibt es aus Ihrer Sicht dringenden Nachsteuerungsbedarf? Ich bin mit den getroffenen Entscheidungen zur TSK CIR sehr zufrieden, insbesondere auch hinsichtlich der Kriterien, die an eine Teilstreitkraft angelegt beziehungsweise nicht angelegt wurden – siehe oben. Zudem begrüße ich die klare Zuweisung streitkräftegemeinsamer Aufgaben, wie bisher für das Militärische Nachrichtenwesen und die Digitalisierung der Bundeswehr, zusätzlich für die Militärische Sicherheit der Bundeswehr. Nachsteuerungsbedarf besteht außerhalb von Strukturen und Aufgaben, nämlich weiterhin beim Fähigkeitsaufbau und der dazugehörigen Finanzierung. Hier ist Kriegstüchtigkeit nur zu erreichen, wenn die Folgerungen nach den Erkenntnissen aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine oder aus den in Deutschland spürbaren hybriden Aktivitäten umgesetzt werden. Das betrifft beispielsweise die Themen Drohnenabwehr, Anwendung von KI, Elektronischer Kampf und die Einsatzunterstützung aus dem Weltraum. Dazu kommt der Entscheidungsbedarf zur zukünftigen Wehrform sowie zu einem resilienten Personalkörper der Bundeswehr.

CIRDie Verteidigungsplanung der NATO ist bestimmende Größe für die Planung der Bundeswehr. Welche besonderen Herausforderungen bringt das für Ihren Verantwortungsbereich auch unter Berücksichtigung der aktuellen Lage an der Ostflanke der NATO? Natürlich haben die Verteidigungsplanungen der NATO und die damit verbundenen Entscheidungen und Zusagen einen deutlichen Einfluss auf die TSK CIR. Neben den erforderlichen Kräftedispositiven weise ich auf die notwendigen Fähigkeiten in den Bereichen Cyber/IT, Elektronischer Kampf und Operative Kommunikation hin. Für das gläserne Gefechtsfeld müssen wir das einheitliche und digitale Lagebild schaffen, eine teilstreitkräfteübergreifende Befähigung zu Multi-Domain Operations realisieren und die Vernetzung der Waffensysteme auf dem Gefechtsfeld – Stichwort Software Defined Defense – erreichen. Nur so werden sich Streitkräfte zukünftig gegen einen gleichwertigen Gegner behaupten können.

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