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Das Entscheidende zur Erreichung der „Kriegstüchtigkeit“ ist das richtige Mindset!

Generalmajor Wolfgang Gäbelein im Gespräch mit Chefredakteur Michael Horst. (Foto © MRV)
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Interview mit Generalmajor Wolfgang Gäbelein, Amtschef Planungsamt der Bundeswehr

Herr General, was fordert den Amtschef des Planungsamtes der Bundeswehr dienstlich zurzeit besonders? Wenn wir auf unser Aufgabenspektrum blicken, dann haben wir zurzeit sehr viele Maßnahmen, die parallel laufen. Und eine der wesentlichen Herausforderungen ist es, mitzuverfolgen, was alles läuft. Und es ist ganz wichtig, dabei zu sein, die Themen aufzunehmen und dann in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Außenkommunikation. Ich habe in den letzten Jahren versucht, das Planungsamt ein wenig aus dem Hintergrund hervorzuholen und in die Öffentlichkeit zu tragen. Das erfordert Präsenz bei vielen Veranstaltungen und gerade jetzt im September, Oktober ist es immer besonders fordernd.

Die Verteidigungsplanung der NATO ist wieder bestimmende Größe für die Planung der Bundeswehr. Welche besonderen Herausforderungen bringt das auch unter Berücksichtigung der aktuellen Lage an der Ostflanke der NATO aktuell für Ihren Verantwortungsbereich?  Der Generalinspekteur hat das übergeordnete Ziel „Kriegstüchtigkeit“ ausgegeben, dem ordnen sich natürlich auch die Maßnahmen, die wir betreuen, unter. Dabei geht es beim Planungsamt weniger um die großen Vorhaben. Die werden im Ministerium koordiniert und gesteuert, auch wenn wir natürlich zuarbeiten. Es geht um eine ganze Vielzahl von kleinen Maßnahmen, die unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Politik sind. Und diese zusammenzubringen und zu koordinieren, das ist eine wichtige Aufgabe.

Dies gilt vor allem mit Blick auf die Brigade 45 in Litauen. Dort gilt es, gemeinsam mit dem Heer, aber auch mit den anderen Teilstreitkräften, die ihre Bausteine ebenso einbringen, den Gesamtbedarf zu erfassen und gemeinsam mit dem BAAINBw (Red.: Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) zu prüfen, auf welchem Weg dieser Bedarf befriedigt werden kann. An dieser Stelle haben wir Möglichkeiten, über verschiedene Verfahren den Bedarf zu decken, die PBN (Red.: Projektbezogene Bedarfsdeckung und Nutzung), den Einkauf, komplexe Dienstleistungen oder auch in einem ersten Schritt durch Umverteilung sowie Ergänzungsbeschaffungen. Das sind Tausende von Maßnahmen, die hinterher auch entsprechend dokumentiert und dann in den Haushalt gebracht werden müssen.

NATO-Notwendigkeit ist auch die Befähigung für Multi-Domain Operations als Operationen aus allen Dimensionen in alle Dimensionen unter Einbeziehung nichtmilitärischer Effekte. Welche Herausforderungen entstehen damit auch für den Planungsprozess? Zunächst einmal haben wir die Federführung in diesem umfassenden Feld. Und es gibt kaum ein Wort, das mehr Bedeutungen hat als Multi-Domain Operations. Die NATO hat zwar eine Definition gefunden, aber jede Nation und auch die einzelnen Player in den Nationen haben häufig unterschiedliche Interpretationen von den konkreten Inhalten. So ist eine der wesentlichen Aufgaben, die wir erbringen müssen, Transparenz zu schaffen und ein gemeinsames Verständnis für dieses Thema zu entwickeln.

Wir haben mit einer initialen Erschließung des Themas im letzten Jahr begonnen, haben diese zu einem Zwischenergebnis geführt. Das ist ein erster wichtiger Schritt, der uns schon signifikant weiterbringt. Aber wir sind bei Weitem noch nicht dort, wo wir hinmüssen. Und genau an dieser Stelle geht es um die Klarheit der Inhalte. Es geht um die gemeinsame Herangehensweise. Wir müssen auf der einen Seite top-down vorgeben, was unter dem Thema Multi- Domain Operations zu verstehen ist, und wir müssen übergeordnete Architekturen entwickeln. Und auf der anderen Seite gilt es bottom-up alle Maßnahmen einzusammeln, die in diesen übergeordneten Plan einzahlen.

In allen Teilstreitkräften findet eine Vielzahl von Maßnahmen statt, die Beiträge für Multi-Domain Operations erbringen. Es geht dabei nicht nur um große Programme wie D-LBO (Digitalisierung landbasierter Operationen). Wichtig sind auch viele kleine Maßnahmen. Hier übergreifend einen Überblick zu gewinnen, ist eine der wesentlichen Aufgaben. Mit Architekturen schaffen wir den Rahmen für das Thema als Ganzes und bieten dann den Einzelmaßnahmen einen Platz zu ihrer Vorortung.

Zukunftsanalyse und Streitkräfteentwicklung beschäftigen sich damit, wie künftige Kriege aussehen könnten. Wie sicher sind diese Überlegungen und wie kann sichergestellt werden, dass nicht nur für aktuelle Kriege, sondern für zukünftige Bedrohungen geplant wird? Dieser Herausforderungen müssen wir uns permanent stellen. Zunächst haben wir über das Future Operating Environment Ableitungen getroffen, wie künftige Kriege aussehen könnten. Die Schlagworte für dieses Future Operating Environment, smart, hyper und total, sind mittlerweile Gemeingut geworden. Smart heißt, es findet vieles auf der Grundlage von Digitalisierung statt. Digitalisierungstechnologien und Künstliche Intelligenz haben eine überragende Bedeutung. Hyper steht eine ungeheure Dynamik. Und total bedeutet, dass die gesamte Gesellschaft betroffen ist und auch, dass es keine Sanktuarien mehr geben wird.

Das sind theoretische Überlegungen. Wenn wir jetzt auf die Ukraine oder Gaza blicken, finden wir dort auch einzelne Ausprägungen dieses künftigen Gefechtsfelds. Also beispielsweise den Einsatz von unbemannten Systemen oder in Gaza die Vernetzung der Wirkungskette, die die Israelis in einer nahezu beispielhaften Art und Weise bereits realisiert haben. Dennoch können wir nicht davon ausgehen, und das wollen wir auch gar nicht, dass ein künftiger Krieg genauso geführt wird wie in der Ukraine. Die Phänomene des künftigen Gefechtsfelds in einem Szenario wie im Ersten Weltkrieg können nicht in unserem Interesse sein. Und genau an der Stelle müssen wir sehr genau prüfen, welche Ableitungen wir treffen. Wir haben natürlich auch die spezifische Herausforderung, dass wir Streitkräfte nicht auf einem weißen Stück Papier entwickeln. Es geht darum, bestehende Streitkräfte peu à peu in die richtige Richtung zu bringen. Wir dürfen auf der einen Seite unsere Menschen nicht überfordern, wir können auf der anderen Seite nicht alles gleichzeitig machen, und wir haben zum Dritten nicht die Ressourcen, um alles zu realisieren. Und dann gilt es herauszufinden, was sind die wichtigsten und was sind die drängendsten Themen. Das ist durchaus nicht ganz trivial. Wenn wir jetzt verschiedene Linien betrachten, die wir als Bundeswehr verfolgen, zum Beispiel die Themen Digitalisierung, Software Defined Defence, dann zielen diese schon in die richtige Richtung.

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