Von Peter Winkler, Leiter Digital Enabling Services & Digital Business Integration, BWI GmbH
Vom Personalmanagement über die Zusammenarbeit bis hin zur Entscheidungsfindung will die Bundeswehr Prozesse mithilfe von Digitalisierung effizienter machen. Das spart auch militärische Bereiche nicht aus: Die Digitalisierung analoger Prozesse treibt die BWI als Digitalisierungspartner der Bundeswehr mit Beratung und Innovationskraft voran. Zum Beispiel bei der Schießausbildung.
Die Digitalisierung ist bei der Bundeswehr auf dem Vormarsch. Viele heute noch analoge Prozesse werden digitalisiert und somit schneller und weniger fehleranfällig. Auch die Nutzung wird auf diesem Weg oft deutlich komfortabler. Solche Digitalisierungspotenziale aufzudecken und eine passende IT-Lösung zu finden, gehört zu den Aufgaben der BWI als IT-Systemhaus und Digitalisierungspartner der Bundeswehr. Das klappt besonders gut, weil die BWI alle Schritte aus einer Hand bieten kann: Beratung, Planung, Entwicklung, Beschaffung und Implementierung. Zudem kommen IT-Expertise und sehr genaue Kenntnisse der Bundeswehr zusammen. So entstehen digitale Lösungen, die für Soldat*innen und zivile Kräfte echten Mehrwert liefern.
Foto ©BWI/Xandra Herdieckerhoff
IT-Beratung von Anfang an: auch für einsatznahe IT
Grundlage für jedes Digitalisierungsvorhaben bildet eine fundierte Beratung, die sehr früh in der Umsetzungskette ansetzt – was von Anfang an berücksichtigt wird, muss später nicht teuer korrigiert werden! Hierfür gibt es bei der BWI eine eigene Abteilung mit 180 Mitarbeitenden: Digital Enabling Services (DES). Ein DES-Bereich kümmert sich zum Beispiel nur um die Digitale Operationsführung. Dort bearbeiten wir Beratungsprojekte zu den Feldern „Digitales Gefechtsfeld“ und „Digitales Nachrichtenwesen“ von der Strategie bis zur Umsetzung. Unser Ziel: die Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit der Truppe durch digitale Lösungen maßgeblich zu unterstützen.
Schießausbildung digital: zeitsparend und zuverlässig
Je tiefer das DES-Team im Thema steckt, umso eher entdeckt es auch die versteckten Digitalisierungspotenziale: Details, die mit der Entwicklung einer effektiven Lösung und der Anbindung an weitere digitale Prozesse eine größere Wirkung entfalten. Ein Beispiel ist die Schießausbildung. Bislang wird nach einem Tag auf der Schießbahn bei der Bundeswehr händisch in der sogenannten Schießkladde vermerkt, welche Munition an wen ausgegeben wurde und wie viel davon zurückkam. Für die Beteiligten heißt das: genau zählen, akribisch eintragen. Denn die Schießkladde ist eine Urkunde im Rechtssinn und hat juristische Verbindlichkeit. Auch die Schießergebnisse der Soldat*innen werden noch handschriftlich vermerkt und manuell ausgewertet. Man kann sich vorstellen, dass dies einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand verursacht und zudem fehleranfällig ist.
Schießkladde als digitale Lösung
Bei der BWI entstand in Zusammenarbeit von DES und der BWI-Innovationseinheit innoX daher die Idee der digitalen Schießkladde. Das Experiment wurde bereits Ende letzten Jahres erfolgreich abgeschlossen. Das Ergebnis ist vielversprechend: Die digitale Lösung kann Fehler bei der Munitionsverwaltung vermeiden und gleichzeitig schnellere Ergebnisse liefern als ihr analoges Pendant. Soldat*innen können damit entlastet werden, die Zuverlässigkeit der Dokumentation steigt. Die Idee ist, dass Personendaten über den elektronischen Dienst- und Truppenausweis ausgelesen, Waffe, ausgegebene Munition und Schusszähler zugeordnet werden. Alle relevanten Schussdaten werden über einen Sensor digital aufgenommen, die Restmunition automatisch errechnet. Die dabei gesammelten Daten haben noch mehr Potenzial: Sie könnten das Bild der militärischen Führung nicht nur zum Munitionsverbrauch, sondern auch zum Ausbildungsstand der Truppe, zum Zustand der Waffen und zu zukünftigen Ausgaben in diesen Bereichen verdichten. Viele Kolleg*innen im DES-Bereich Digitale Operationsführung kennen die Problemstellungen bei der Bundeswehr übrigens aus erster Hand: Vor ihrer Zeit bei der BWI waren sie als Soldat*innen mit langer Dienstzeit und Einsatzerfahrung Ausbilder in Hand- und Panzerabwehrhandwaffen. Jetzt bringen sie ihr Know-how gewinnbringend in die IT-Beratung ein. Ein Pluspunkt, wenn es um Beratungsleistungen für die Digitalisierung des Gefechtsfeldes geht, wie nicht nur das Vorhaben der digitalen Schießkladde zeigt: Unser Team im DES Bereich Digitale Operationsführung entwickelte in enger Zusammenarbeit mit dem Kommando Spezialkräfte (KSK) auch einen digitalen Lösungsansatz für die Schießausbildung der Spezialeinheit.
Digitale Trefferaufnahme beim Stresstest
Teil ihrer Ausbildung ist der sogenannte Stresstest: Soldat*innen müssen in einem Schießparcours eine Mindestanzahl von Scheibentreffern erzielen. Die Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse kosten viel Zeit und Ressourcen, denn die Treffer werden ausgezählt, auf einem Vordruck notiert, die erreichte Punktzahl manuell errechnet, bevor das Ganze am Ende des Tages händisch in eine Exceltabelle übertragen wird. Die digitalisierte Trefferaufnahme, die die BWI gemeinsam mit dem KSK entwickelt und in einem Innovationsexperiment getestet hat, digitalisiert den gesamten Vorgang. Eine Künstliche Intelligenz erkennt die Treffer auf den Zielscheiben und leitet daraus die korrekte Punktzahl ab. Das Gesamtergebnis wandert in eine Datenbank, wo es mit weiteren Metadaten verknüpft werden kann, die detaillierte Auswertungen für die Schießausbildung erlauben. Aktuell wird überprüft, wie die Ergebnisse aus diesem Experiment in den Betrieb überführt werden können, um die gesamte Bundeswehr von der digitalen Lösung profitieren zu lassen. Vorbereitung ist alles Damit gute digitale Lösungen am Ende nicht isoliert dastehen, ist vorab eine genaue Analyse und Beratung unerlässlich. Mit dem Blick auf das „große Ganze“ kann die Effektivität der Digitalisierung nämlich gesteigert werden: mithilfe der Integration und Verknüpfung zu anderen digitalen Prozessen und mit Blick auf andere Bereiche der Bundeswehr. Durch die enge Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiedenen Bereiche innerhalb der BWI schöpfen wir aus einer breiten Wissensbasis und profitieren von einem konstruktiven crossfunktionalen Austausch. Die beiden vorgestellten Digitalisierungsprojekte sind nur zwei Beispiele, wie durch die Verzahnung von IT-Beratung, Innovationskraft und Umsetzungsstärke aus Digitalisierungsprojekten ein Gewinn für die digitale Verteidigungsfähigkeit Deutschlands werden kann.