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Unbemannte luftgestützte Aufklärung – quo vadis Heer?

Aufklärungsdrohne LUNA vor dem Start. (Foto © Bw/Marc Tessensohn)
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In zukünftigen Konflikten und Kriegen können einfache, kostengünstige und/oder improvisierte luftgestützte Sensoren und Effektoren zu signifikanten taktischen und operativen Wirkungen auf dem gesamten Gefechtsfeld über fast alle Dimensionen hinweg führen. Die Bundeswehr und insbesondere das Deutsche Heer müssen umgehend, aber auch nachhaltig bis 2040 befähigt werden, systematische Bedrohungslagen durch neue Sensoren und Effektoren zu erfassen, zu bewerten und zu bekämpfen.

Frühzeitige Detektion, Klassifizierung und Identifizierung sowie deren Bewertung spielen bei der Schaffung von Informationsüberlegenheit eine übergeordnete Rolle, insbesondere bei der Betrachtung von Quantität und Prozess(-geschwindigkeit). Betrachtet man die derzeitigen Konflikte und Kriege, ist festzustellen, dass besonders der Einsatz unzähliger unbemannter Luftfahrzeuge in verschiedensten Größen und mit unterschiedlichsten Funktionen (Sensor, Effektor) überdurchschnittlich zugenommen hat.

Beispielsweise ist anhand der derzeitigen Kriegführung Russlands grundsätzlich ein typisches Schema aus vier Kernpunkten zu erkennen:

  • zeitlich und räumlich zusammenhängender Einsatz von Wirkmitteln, auch unbemannter Luftfahrzeuge, im Sinne einer Übersättigung des Luftraumes,
  • Nutzung von unbemannten Luftfahrzeugen als Sensor in enger Verbindung mit den möglichen Wirkmitteln (Sensor-to-Shooter-Kette),
  • Nutzung von unbemannten Luftfahrzeugen als Repeater von Uplink-/Downlink-Signalen zur Steuerung weiterer unbemannter Luftfahrzeuge,
  • Nutzung von verschiedensten Ausführungen unbemannter Luftfahrzeuge.

Diese vier Aspekte zeigen die bereits bekannte enge Verwobenheit der Domänen Aufklärung und Wirkung. Noch im vergangenen Jahrhundert wurden Lageinformationen und Aufklärungsergebnisse für die Bekämpfung von Zielen in der Tiefe des Raumes durch bodengebundene bemannte Spähkräfte gewonnen. In der heutigen Zeit wird dies im Schwerpunkt durch weltraumgestützte oder luftgestützte Sensoren sichergestellt. Diese bieten den Vorteil, dass ohne den unmittelbaren Einsatz von Personal im Gefahrenbereich Informationen in Echtzeit gewonnen werden können. Zugleich kann eine präzise Bekämpfung (Sensor-to-Shooter) eingelei-weitere Steigerung der Nutzung von unbemannten Systemen (bodengebunden, luft- und seegestützt) begünstigen.

Das Deutsche Heer hat bereits auf diese Entwicklungen reagiert. Schon auf Verbandsebene besteht die Möglichkeit, handelsübliche unbemannte Luftfahrzeuge für Ausbildung und Übung zu beschaffen. Dieses führt zu einer notwendigen Schärfung des Bewusstseins in der Truppe und der weiteren Professionalisierung. Allerdings besteht die Notwendigkeit, dass die Bundeswehr und insbesondere auch das Deutsche Heer umgehend und langfristig befähigt werden, diesen Weg weiterzugehen. Denn der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen ist mittlerweile ein Standard und Grundpfeiler der modernen Kriegsführung geworden. Ein Ende der stetigen Weiterentwicklung von Systemen, Verfahren und Technologien ist nicht absehbar. Bereits heute ist auffällig, dass der Einsatz von kostengünstigen, unbemannten Systemen einfacher Bauweise quantitativ im Vergleich zu hoch technologisierten Systemen gestiegen ist. Zudem werden vermehrt sogenannte Loitering Ammunitions oder auch Kamikaze-Modelle eingesetzt, um unmittelbar nach der Zieldetektion (Sensor) dieses auch zu bekämpfen (Effektor). Der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen, umgangssprachlich auch Drohnen genannt, steht noch am Anfang der Entwicklung.  

Unbemannte luftgestützte Aufklärung und Wirkung im Deutschen Heer

Ziel muss es sein, durch Erhöhung der Stückzahlen aus den verschiedenen Kategorien den nutzenden Truppenteilen die Flexibilität zu geben, um auf verschiedenste Lagen zu reagieren. Es werden kostengünstige, handelsübliche Drohnen in hoher Stückzahl benötigt, um die Verbände des Deutschen Heeres damit für die eigene Ausbildung und Inübunghaltung auszustatten. Nur was schon im Frieden geübt wird, kann im Konflikt- oder Kriegsfall erfolgreich zum Einsatz kommen. Die Belastungsprobe liegt hierbei aber weniger auf der Truppe oder dem Beschaffungsprozess an sich.

Vielmehr gilt es, einen Weg zu finden, die zum Teil selbst auferlegten nationalen Regularien zum Gebrauch von handelsüblichen Drohnen nicht durch weitere Auflagen zu erschweren. Einerseits kann jeder ein Drohnen-Spielzeug einer kleinen Drohnenklasse (z. B. Open C0/C1) über einen Internetversandhändler erwerben und dieses auch ohne allzu strenge Auflagen einfach nutzen. Andererseits muss ein Drohnen-Bediener in der Bundeswehr für Drohnen der Klassen Speziell und Zulassungspflichtig vor einer vorschriftenkonformen Inbetriebnahme des Geräts erst noch zeitaufwendige Ausbildungen absolvieren und Zertifizierungen erwerben.

Aus militärischer Sicht müssen diese einfachen Systeme die Fähigkeiten aufbringen, im Nah- und Nächstbereich aufzuklären und durch den Operator gezielt zur Wirkung gebracht zu werden. Dem gegenüber stehen die komplexeren Systeme mit weitreichendem Aktionsradius. Hierbei gilt, robuste, unbemannte Luftfahrzeuge gegen fremdeinwirkende Störversuche auf Navigations- und Kommunikationssysteme zu entwickeln und einzusetzen. Auf diese Weise kann mit Hightech-Lösungen gegen die im elektromagnetischen Spektrum absehbaren Störaktionen gewirkt werden. Auch die Kombination von Sensor und Effektor sind zukünftig unabdingbar, um eine möglichst verzugslose Identifikation von Zielen sowie deren Bekämpfung sicherzustellen.

Von Oberstleutnant René R., 10. Panzerdivision

In HHK 5/24: HHK Schwerpunkt: Unbemannte Systeme

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