Die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) ist innerhalb der Bundeswehr, aber auch als Ansprechpartner für Forschung, Politik und Wirtschaft das Kompetenzzentrum, wenn es um die Themen Wirkung, Schutz und Aufklärung geht. In Zeiten zunehmender sicherheitspolitischer Herausforderungen stellt sich die Frage: Was wäre ein Panzer ohne Kanone, ballistischen Schutz und Feinderkennung? Oder aber: Was wäre die Bundeswehr ohne die WTD 91?
Kriegstüchtigkeit
Mit Beginn der Zeitenwende hat die Rolle der Meppener Dienststelle bedeutend an Gewicht gewonnen. Durch die für die Bundeswehr umzusetzenden Herausforderungen in den Bereichen Landes- und Bündnisverteidigung rückt der Begriff Kriegstüchtigkeit in den Fokus vieler sicherheitspolitischer Diskussionen. 100 Milliarden Euro Sondervermögen wurden bzw. werden seit Beginn des russischen Angriffskrieges in die Hand genommen, um unsere Streitkräfte für den Ernstfall auszurüsten und bestmöglich vorzubereiten.
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), dem die WTD 91 als eine von insgesamt acht nachgeordneten Dienststellen angehört, hat interne und externe Prozesse beschleunigt, um die hochgesteckten Ziele innerhalb kürzester Zeit erreichen zu können. Zeit ist dabei ohnehin zum dominierenden Faktor allen Handelns der Bundeswehr geworden. Der Krieg in der Ukraine, aber auch das Säbelrasseln mittels Rekord-Aufrüstung und Nuklearmanövern der russischen Regierung in Richtung Mitteleuropa stellen dabei nur eine Bedrohung dar. Der Konflikt zwischen Israel und palästinensischen Gruppen wirkt sich ebenfalls auf die deutsche Sicherheitspolitik aus, da Deutschland eine enge Beziehung zu Israel pflegt und sich zeitgleich für eine friedliche Lösung im Nahen Osten einsetzt.
Entwicklung und Aufgaben der WTD 91
Bereits seit fast 150 Jahren existiert der Schießplatz im Norden der niedersächsischen Kleinstadt Meppen. Im Jahr 1877 gründete der Großindustrielle Alfred Krupp den Platz, um Geschütze und Kanonen jeglichen Kalibers zu entwickeln und zu testen. Die Region Emsland, das damalige Armenhaus Deutschlands, bot mit seiner kargen Moorlandschaft und dem Mangel an Infrastruktur bei zeitgleich verschwindend geringer Bevölkerungsdichte beste Voraussetzungen, um für die nächsten Jahrzehnte Waffen zu entwickeln und zu testen. Auch in den Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, währenddessen der Schießplatz von deutschen Streitkräften und später von verschiedenen Besatzungsmächten genutzt wurde, änderte sich an der Wirtschaftskraft der Region Emsland wenig. Erst 1950 beschloss die Bundesregierung, die bisher wirtschaftlich schwache Region zu fördern: Mit dem Strukturförderungsprogramm „Emslandplan“ wurden Ziele wie die Kultivierung des Moors, der Bau von Straßen und Kanälen sowie die Ansiedlung von Industrie und Wirtschaft vereinbart und vorangetrieben. Diese Maßnahmen verbesserten wiederum Lebensbedingungen und schufen Anreize für Investitionen und Ansiedlung von Unternehmen.
Knapp zwei Jahre nach Gründung der Bundeswehr rückte der Schießplatz wieder in deren Fokus. Zu Beginn des Kalten Krieges erkannte die Bundeswehr den Wert der Liegenschaft und kaufte im Jahr 1957 große Flächen des damaligen Schießplatzes. Unter dem Namen „Erprobungsstelle 91“ (kurz: EStelle) wurden nun wieder Waffen und Munition aller Art untersucht und erprobt. Die Geschichte der Dienststelle ist eine Geschichte des Wandels und der Anpassung an die wechselnden Anforderungen militärischer Technik und Strategien. Um dem neuen Anspruch der Dienststelle in Bezug auf die massive Ausweitung des Aufgabenspektrums sowie der damit einhergehenden Steigerung des technischen Anspruchs und der Bedeutung Rechnung zu tragen, wurde die E-Stelle 91 im Jahr 1986 schließlich umbenannt zur „Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition“. Die WTD 91 beschäftigt heute etwa 800 zivile Mitarbeitende und stellt damit einen der größten Arbeitgeber und – mit insgesamt ca. 100 Stellen für Auszubildende – relevanten Anbieter von Ausbildungsplätzen in der Region dar.
Die Erprobung von Waffen, Munition und Schutz zählt auch heute noch zu den Kernaufgaben der Dienststelle. Jede Waffe und jede Munitionssorte, jedes Schutzsystem, welches in die Bundeswehr eingeführt werden soll oder bereits ist, wird an der WTD 91 erprobt und/oder über ihre gesamte Nutzungsdauer überwacht. Bei allen Beschaffungs- und Erprobungsprojekten der Bundeswehr sind die Meppener Expertinnen und Experten an jedem Schritt von der Marktanalyse bis hin zur Aussonderung beteiligt. Egal, ob es sich um Handfeuerwaffen, Panzer, Schiffs- oder Flugzeugbordbewaffnung handelt. Ausnahmslos jedes Waffensystem wird vor und während der Nutzung und auch noch im Aussonderungsprozess genauestens untersucht und überwacht. Neben der zuverlässigen Wirkung gegen den Feind steht vor allem die sichere Handhabung für die eigenen Soldatinnen und Soldaten im Fokus. Darunter fallen auch Aspekte wie Ergonomie und Transsportsicherheit.
Auf rund 192 Quadratkilometern können Waffen und Munition mit Reichweiten von bis zu 28 Kilometern direkt vor Ort getestet werden. Für Untersuchungen von Geschützen mit höherer Reichweite greift die Meppener Dienststelle auf Gebiete ihrer Kooperationspartner auf der ganzen Welt zurück, wie zum Beispiel in White Sands (USA) oder Oslo (Norwegen).