hhk-logo-small

Ihre Sucheingabe

[naviPost_search]

Herausforderung Rückverlegung aus Afghanistan – Was passiert mit dem Material?

Dieser Beitrag hat kein vorgestelltes Bild.
Login für Abonnenten

Erhalten Sie jetzt einen Zugang zu den Magazinen von Hardthöhenkurier:

Partner unsere Sonderpublikationen

AFCEA Sonderpublikationen

Potsdam, 7. November 2013 – Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte in Kunduz ist abgeschlossen. Das dort eingesetzte Personal und Material des deutschen Einsatzkontingents wird nach Deutschland rückverlegt. Die Truppenstärke in Afghanistan wird dem derzeit gültigen Bundestagsmandat angepasst. Bis Ende Februar 2014 wird die Truppenstärke des deutschen Kontingentes auf 3.300 Soldaten reduziert. Damit kehren auch große Mengen an Material zurück nach Deutschland. Doch nicht immer macht es Sinn alles zurück zu schicken. Manches bleibt im Einsatzland zurück.

image large-1
Rückverlegung: Begutachtung von Material
Foto: Bundeswehr

Die Rückverlegung des deutschen ISAF-Einsatzkontingentes ist in vollem Gang. Bereits im Oktober 2012 wurde das Feldlager Faizabad aufgelöst. Im Juni 2013 wurde der Observation Post North an die Afghanen übergeben. Am 19. Oktober 2013 verließen die letzten deutschen Kräfte das Feldlager Kunduz. Die Rückverlegung ist eine logistische Herkulesaufgabe. Mit der Auflösung der Einsatzliegenschaften wird eine große Masse an Material freigesetzt, welche dort in den vergangenen Jahren genutzt wurde. Dazu zählen sowohl Unterkunfts- und Funktionscontainer und Mobiliar, als auch Ausrüstung und Munition sowie Bekleidung, aber auch einfache Gebrauchsgegenstände.

Es ist jedoch weder notwendig, noch wirtschaftlich immer sinnvoll das gesamte Material nach Deutschland zurückzuführen. Immerhin betragen die Kosten für den Lufttransport nach Deutschland rund acht Euro pro Kilogramm und pro Flugstunde. Das deutsche Einsatzkontingent hat daher den Auftrag, zu prüfen, bei welchen Gegenständen ein Rücktransport nach Deutschland wirtschaftlich zu vertreten ist.

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat für den Verbleib des Materials Kriterien entwickelt. Mit deren Hilfe werden die Artikel in die Kategorien „Rückführung“, „Verwertung vor Ort“ oder „Einzelfallentscheidung“ eingestuft. Die Kriterien berücksichtigen den Bedarf und die Verfügbarkeit in Deutschland, den technischen Entwicklungsstand, den Zustand des Materials, die Wiederbeschaffungskosten im Verhältnis zu den Transportkosten, aber auch die Einhaltung von rechtlichen Bestimmungen.

image large-3
Die Materialschleuse
Foto: Bundeswehr / Robert Lehmann

Material, welches für die Rückführung nach Deutschland bestimmt wurde, wird in die Materialschleuse des Camp Marmal in Masar-e Sharif transportiert. Das ankommende Material wird geprüft, desinfiziert, verpackt und verladen. Die Materialschleuse arbeitet aktuell mit einer Kapazität von 2.250 Artikeln und 30 Fahrzeugen pro Woche. Derzeitige Planungen gehen von der Rückführung von insgesamt 1.200 Fahrzeugen sowie 4.800 Containern mit Material aus.

Material, welches die Aussonderungskriterien erfüllt, wird von einer Kommission begutachtet. Diese trifft die Entscheidung über die Verwertung. Je nach Kriterium ergeben sich verschiedene Verwertungsmöglichkeiten. Die Maßnahmen folgen den Vorgaben für die Abwicklung von Einsatzliegenschaften sowie für die Rückführung und Aussonderung von Material der Bundeswehr.

Brauchbare Möbel wurden in Kunduz größtenteils an die afghanischen Sicherheitskräfte, einzelne an die Hilfsorganisation „Kinderberg e.V.“ übergeben. Wiederverwendbare Bekleidung und Ausrüstung wurde in die Bekleidungskammer in Masar-e Sharif zurückgeführt. Nicht mehr verwendungsfähige Artikel wurden verkauft oder der Verwertung zugeführt. Abgenutzte Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, welche nicht mehr aufbereitet werden können, wurden vernichtet. Hierdurch wird verhindert, dass beispielsweise Uniformen von Dritten missbraucht werden.

image large-2
Übergabe von Material an die Afghanen
Foto: Bundeswehr

Vernichtung von neuwertigem oder funktionsfähigem Material kann erforderlich sein, wenn vertragliche Regelungen festlegen, dass das Material, nach der Nutzung durch die Bundeswehr, zu zerstören ist. Die Bestimmung wurde bei amerikanischen GPS-Geräten (Navigationsgeräte) umgesetzt, welche der Bundeswehr durch die US-Armee zur Verfügung gestellt wurden.

Grundsätzlich gilt jedoch, dass für ausgesondertes Material ein größtmöglicher Verwertungserlös erzielt werden soll. Allein in Kunduz konnten 14 zivile Fahrzeuge verkauft werden. Militärische Fahrzeuge werden nicht verkauft, da hier eine missbräuchliche Nutzung ausgeschlossen werden muss. In Kunduz wurde aus diesem Grund auch ein Feuerwehrauto der Bundeswehr der Verwertung zugeführt. Das Alter des Fahrzeuges sowie nicht mehr verfügbare Ersatzteile rechtfertigten keinen Rücktransport nach Deutschland. Zugleich galt es eine missbräuchliche Nutzung des Fahrzeuges, beispielsweise eine Verwechslung mit deutschen Einsatzkräften, auszuschließen.

Ausgewählte Beispiele

Bei einzelnen ausgesonderten Artikeln, beispielsweise bei Schlafsäcken, Rücksäcken und Digitaluhren, aber auch bei GPS-Geräten vom Typ GARMIN, bestand zeitweise für Soldaten die Möglichkeit zum Kauf. Diese Möglichkeit musste im Februar 2013 eingestellt werden, nachdem einzelne Soldaten versucht hatten, gekaufte minderwertige Artikel bei den Materialausgabestellen in neuere, höherwertige Artikel gleicher Art umzutauschen. Dies ist nicht zulässig.

Schlafsäcke und Rücksäcke wurden hierauf nach Deutschland zurückgeschickt. Digitaluhren sowie GPS-Geräte wurden verschrottet. Je sechs Digitalkameras sowie GPS-Geräte wurden unentgeltlich an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben. Ältere Laptops des Typs ROCKY II wurden zerlegt und als Schrott verkauft. Zelte wurden ebenfalls zerlegt, ihr Gestänge nach Deutschland transportiert, die dazugehörigen Planen verkauft oder verbrannt.

Eine Dokumentation aus Kunduz über den Zeitraum Mai bis Oktober 2013, die so genannte Nachweisliste Verwertung, ist hier beigefügt. Hinweis: Die angegebenen Euro-Werte sind Neupreise und entsprechen nicht dem Wert am Tag der Verwertung.

Die Rückverlegung des deutschen Einsatzkontingentes ist eine komplexe und logistisch anspruchsvolle Herausforderung. In der Geschichte der Bundeswehr ist sie ohne Beispiel. Zu Beginn der Rückführung zeigte sich ein deutlicher Mehrbedarf an logistischem Personal. Vereinzelt kam es zu Zeitverlusten durch eine Unterversorgung von Verpackungsmaterial. Wichtig ist auch, die Verwertung von Material transparent zu gestalten, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen.

Verständlicherweise erzeugt die Vernichtung von Material zunächst Unverständnis bei den Soldaten im Einsatzgebiet. Die Hintergründe und die zugrundeliegenden Kriterien müssen den Soldaten noch besser vermittelt werden.

Insbesondere bei der Rückverlegung des Materials aus Kunduz wurden neue Wege beschritten. Aus dem bisherigen Verlauf der Rückverlegung konnten wichtige Erfahrungen, insbesondere für die Planung von Logistikoperationen, gewonnen werden. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr sammelt die Erfahrungen und lässt die ausgewerteten Erkenntnisse in die weiteren Planungen einfließen. Dass das Ganze bisher so gut klappt, ist dem Engagement aller Mitarbeiter auf allen Ebenen der Bundeswehr zu verdanken.

Text und Fotos: Einsatzführungskommando der Bundeswehr

Verwandte Themen: