Die Europäische Union hat – zuletzt im Dezember 2024 – die Anforderungen an die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs weiter erhöht. Hintergrund ist insbesondere die anhaltende Bedrohung durch den weltweiten islamistischen Terrorismus.
Grundsätzlich sind infolgedessen bereits seit April 2013 alle Fracht- und Postsendungen vor ihrer Verladung in ein Luftfahrzeug einer vollständigen Kontrolle zu unterziehen, um Manipulationen auszuschließen.
Sichere Lieferkette: Wesentliches Element für mehr Sicherheit
Eine Ausnahme von dem Erfordernis der hundertprozentigen Kontrolle am Flughafen besteht nur, wenn im Vorfeld die sogenannte „sichere Lieferkette“ gewährleistet wird. Bei der sicheren Lieferkette werden die Sicherheitskontrollen in das Vorfeld der Luftbeförderung verlagert, um einen Rückstau, der sich bei einer ausschließlichen Kontrolle an den Flughäfen ergeben würde, zu vermeiden. Darin sind die Hersteller, Versender, Lagerhalter und Händler von Luftfracht ebenso eingebunden wie die Transportfirmen, Verpacker, Frachtspediteure, Luftfahrtunternehmen oder die Flugplätze/-häfen. Denn wer in der Luftfahrt tätig ist oder sie unternehmerisch nutzt, ist nach geltendem EU-Recht in Verbindung mit dem Luftsicherheitsgesetz, verpflichtet, Gefahren von außen abzuwehren. Die Prozesse müssen so gestaltet und das Personal so geschult sein, dass terroristische Anschläge möglichst verhindert werden. Neben den Kontrollen der Fracht am Flughafen ist die Umsetzung der sicheren Lieferkette in der Luftfracht eines der wesentlichen Elemente für mehr Sicherheit im Luftverkehr.
Eigenverantwortliche Umsetzung durch die Bundeswehr
Auf Basis einer zuletzt 2024 durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr als zuständiger oberster Luftsicherheitsbehörde Deutschlands erteilten Ausnahmegenehmigung wird der Bundeswehr die interne Gewährleistung und Verantwortung für die Umsetzung der sicheren Lieferkette übertragen. Die Bundeswehr führte daher anerkannte und überprüfbare Sicherheitsstandards im Lufttransport primär für alle gewerblichen logistischen Transporte der Bundeswehr nach den Vorgaben der EU-Verordnungen zur Luftsicherheit ein und wendet diese bis heute inhaltsgleich an. Gerade vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden Konflikte, welche immer häufiger auch direkte Auswirkungen auf Deutschland haben (bspw. Russisch-Ukrainischer Krieg), können Anschläge auf die Bundeswehr nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere der Nahost-Konflikt führt gemäß der Innenministerin Nancy Faeser dazu, dass „islamistische Terrororganisationen, aber auch islamistische Einzeltäter eine jederzeit bestehende, erhebliche Gefahr sind“.
Die Bundeswehr hat mit dieser Ausnahmegenehmigung weitreichende Verantwortung für die Einhaltung der geforderten Sicherheitsstandards übernommen, deren Erfüllung durch das Luftfahrt- Bundesamt auch unangekündigt überprüft wird. Insofern die Bundeswehr die Sicherheitsstandards nicht einhält, ist ein Entzug dieser Ausnahmegenehmigung die Folge und führt zur Beeinträchtigung beziehungsweise Unterbrechung der Folgeversorgung für die Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen. Auf Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung wurde der Vollzug der Fachaufsicht über die sichere Lieferkette Bundeswehr – Fracht und Post dem Lufttransportsicherheitsbeauftragen der Bundeswehr im Logistikkommando der Bundeswehr übertragen. Der Lufttransportsicherheitsbeauftragte der Bundeswehr ist in diesem Rahmen für die Überwachung der sicheren Lieferkette sowie für die Einhaltung der diesbezüglichen Sicherheitsmaßnahmen an Flugplätzen in der Bundeswehr verantwortlich. Inbegriffen sind hier die Zulassung und die darauffolgenden Inspektionen und Sicherheitsaudits von sogenannten reglementierten Beauftragten Bundeswehr und Hoheitlichen Versendern. Die „sichere logistische Transport- und Lieferkette“ greift dabei im Vorfeld eines Fluges und beachtet die Umsetzung der Sicherheitsauflagen bei Fracht und Post.
Sicherer Versand von Anfang an
Ziel in der Bundeswehr ist dabei die Umsetzung der sicheren Lieferkette vom Versender an, sodass an den Flugplätzen/-häfen ein möglichst geringer Anteil an unsicherer Fracht ankommt und somit dort ein möglichst geringer Kontrollaufwand entsteht. Sollte die Umsetzung der sicheren Lieferkette nicht gewährleistet sein, so muss die Luftfracht nachträglich „sicher“ gemacht werden. Dies bedeutet, dass die Luftfracht umfassend kontrolliert wird. Die Art und Weise der Kontrolle legt der jeweilige reglementierte Beauftragte (zugelassene Stellen, die die Sicherheitskontrollen für Luftfracht/-post gewährleisten) nach den Eigenschaften der zu prüfenden Luftfracht, zum Beispiel Dichte oder Größe des Materials, und den rechtlichen Vorgaben fest.
Speziell das nachträgliche „Sichermachen“ von militärtypischer Luftfracht (wie unter anderem Großgerät, Munition, Kryptogerät oder Sanitätsmaterial) durch gewerbliche Dienstleister ist in einigen Fällen überhaupt nicht möglich, bedeutet aber immer die Inkaufnahme hoher Zusatzkosten, eines erheblichen Zeitverzugs in der Abfertigung und somit folgelogisch längerer Transportlaufzeiten. Bei einer weitgehenden Abstützung auf gewerbliche Dienstleister bestünde zudem die Gefahr für die Bundeswehr, dass die Versorgungsströme der Streitkräfte aufgrund von Kapazitätsengpässen oder Streiks empfindlich gestört werden könnten. Wenn der Versender ein zertifizierter Hoheitlicher Versender ist, besteht die Möglichkeit, Luftfracht von Beginn an mit dem Status „sicher“ in die sichere Lieferkette der Bundeswehr zu geben. Somit muss die Luftfracht nur einer stichprobenartigen Kontrolle unterzogen werden und kann am Flugplatz/-hafen sicher zum Lufttransport übergeben werden. Dadurch entfallen das aufwendige Sichermachen durch einen gewerblichen reglementierten Beauftragten am Flughafen sowie die damit verbundenen umfangreichen Kontrollen.