Israel ist das erste Land, das sich die außerordentliche Bedeutung des Moore-Gesetzes, demzufolge sich seit 1965 die Rechenleistung alle anderthalb Jahre verdoppelt, erkannt und zunutze gemacht hat. Das sagt Generalmajor Prof. Yitzhak Ben-Israel, der 2011 von Premierminister Benjamin Netanjahu ernannt wurde, um ein Team bei der Festlegung der nationalen Cyber-Politik zu leiten. „Als ich 1970 in die Armee eintrat, besetzte der Computer ein ganzes Gebäude. Heute passt er in meine Tasche. Israel war das erste Land, das verstanden hat, dass Computer mithilfe von Chips in alle Lebensbereiche und sogar in den menschlichen Körper eindringen und die Abhängigkeit von Computern immer mehr zunehmen würde. Das internationale Bewusstsein für das Cyber-Problem ist seit 2010 deutlich gewachsen, nachdem der Cyberangriff gegen Iran, indem Tausende von Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage in Natanz beschädigt wurden, öffentlich bekannt wurde.
Der Vorfall beschädigte die Infrastruktur physisch und erhielt daher eine große mediale Aufmerksamkeit über die Fachkreise hinaus, die sich mit Informationsund Cybersicherheit befassen.“ Der General bezieht sich in seinen Ausführungen auf den Stuxnet- Angriff, der den Vereinigten Staaten in Zusammenarbeit mit Israel zugeschrieben wurde. Die Fortschritte der Informationstechnologie haben neue Kommunikations-, Verhaltens- und Arbeitsmuster geschaffen, ohne die die Welt nicht mehr vorstellbar ist. Als Handlungsraum hat sich der Cyberspace und damit die Informations- und Kommunikationstechnologie in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Das Tempo der Entwicklung und Implementierung von digitalen Werkzeugen ist sehr hoch. Länder und Institutionen auf der ganzen Welt müssen sich mit den sich daraus ergebenden Herausforderungen und Bedrohungen auseinandersetzen. Dabei geht es nicht nur um die Verwundbarkeit durch Jugendliche, die in ihren Zimmern sitzen und als Herausforderung nach der Schule versuchen, die Computer des Pentagons oder der örtlichen Bank zu infiltrieren, sondern auch um die Verwundbarkeit durch Einzelpersonen, Organisationen und Staaten als bezahlte Hacker, Kriminelle und terroristische Organisationen. Nicht nur Staaten, militärische Organisationen und Institutionen werden als Angriffsziel definiert, sondern auch die Privatwirtschaft und der normale Bürger. Aktuell befürchten z.B. Unternehmen, die an der Entwicklung von Impfstoffen gegen COVID-19 arbeiten, dass ihre Forschungsergebnisse von Hackern gestohlen werden.
Internationale Zusammenarbeit
Die internationale Gemeinschaft ist sich über das Ausmaß der Bedrohungen durch Cyber-Konflikte seit Langem bewusst und ist bemüht, international verbindliche Absprachen zur Eindämmung zu treffen. Seit 2005 erarbeitete die UN-GGEArbeitsgruppe (UN- Governmental Group of Experts) verschiedene Resolutionen, um den Missbrauch der Informations- und Kommunikationstechnologien in internationalen Konflikten zu begrenzen. Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass auch in Cyber- Konflikten das Völkerrecht gilt. Zurzeit wird in zwei Arbeitsgruppen (UN-GGE und OEWG, Open-ended Working Group) daran gearbeitet, Regeln, Normen und Prinzipien für verantwortungsvolles staatliches Verhalten im Cyberspace zu formulieren. Die wichtigsten israelischen Sicherheitsorganisationen, die Israel Defense Force (IDF), die israelische Polizei, der Shin Bet (Inlandsgeheimdienst) und der Mossad (Auslandsgeheimdienst), investieren viel Personal, um die Cyber-Herausforderungen zu bewältigen. Die Zahl der Täter, die von klassischer Kriminalität zu Cyberkriminalität wechseln, steigt.
Daher wird zukünftig die Nutzung der schnelleren Datenverbindung 5G in Kommunikationssystemen einen entscheidenden Einfluss auf die Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden haben, was die Möglichkeit betrifft, Telefongespräche, E-Mails, Textnachrichten und Chats in Echtzeit abzufangen, um sie zu vereiteln, zu verhören oder auszuwerten. Die Tatsache, dass sich riesige Unternehmen wie Apple und Google aus wirtschaftlichen Gründen dafür entscheiden, die Privatsphäre ihrer Kunden zu schützen, lässt die Nachrichtendienste im Grunde im Dunkeln, wenn es um ihre Aufklärungs- und im Grunde im Dunkeln, wenn es um ihre Aufklärungs- und Ermittlungsmöglichkeiten geht. Laut Erez Kreiner, dem ehemaligen Cyber-Chef des Shin Bet, „haben 25 bis 30 Prozent der Shin Bet-Mitarbeiter einen technologischen Hintergrund, weil die Herausforderungen von Terrorismus und Spionage in der heutigen Zeit Expertise im technologischen Bereich erfordern. Wir wissen, wie man mit einer syrischen Kanone umzugehen hat und wenn jemand versucht, mich zu erschießen, rufe ich die Polizei, aber wenn ein syrischer Terrorist den gesamten Inhalt meines Computers löscht – wen soll ich kontaktieren? Die Armee? Polizei?“ Kreiner betont auch die individuelle Verantwortung für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem digitalen Raum, „wenn wir uns das auf der Ebene der Unternehmen anschauen. Die Regierung kann nicht jeden Bürger schützen“, und hebt hervor, wie wichtig es sei, auch in der Privatwirtschaft die Mitarbeiter im Umgang mit Cyber- Bedrohungen zu schulen. Um die digitale „Alphabetisierung“ voranzutreiben, veranstaltet das Israel National Cyber Directorate, eine Behörde, die dem Büro des Premierministers untersteht, jedes Jahr im Oktober die Cyber Week, um das Bewusstsein für digitale Bedrohung zu schärfen und zum Beispiel jungen Menschen beizubringen, wie sie ihre Online- Informationen aufbewahren und wie sie sich vor Hackern aller Art schützen können.