Nachgefragt bei … Boaz Levy, Präsident und CEO Israel Aerospace Industries
Herr Levy, wie verlief die Kooperation zwischen IAI und Boeing bei der Entwicklung und Produktion des Arrow Weapon System? Diese Kooperation hat eine lange Geschichte. Sie begann mit den amerikanischen Plänen zur Raketenabwehr in den 1980er-Jahren, als Ronald Reagan fragte: „Kann man eine Kugel mit einer anderen Kugel treffen?“ IAI sagte: Ja, das können wir und demonstrierten erstmals das Abfangen einer Rakete durch eine andere.
Wir begannen dann die Zusammenarbeit mit Boeing als Unterauftragnehmer. Heute produzieren wir Systemteile für Arrow 2 und 3 in beiden Ländern. Wobei der Anteil von Boeing geringer wird, aber wir haben eine sehr gute Beziehung. Für Arrow 4 haben wir mittlerweile ein Memorandum of Understanding mit Lockheed Martin abgeschlossen.
Welche besonderen Herausforderungen waren für Sie bei der Entwicklung der Arrow-Systeme zu überwinden? Wir waren die ersten in der Welt, die sich mit diesem Problem befasst haben, und haben quasi das Handbuch geschrieben, wie es gemacht wird. Es ging darum, das Ziel zu erfassen und zu verfolgen, die Flugbahn vorherzusagen und Führungs- und Steuerungssysteme für einen ballistischen Anflug zu entwickeln. Es gab eine Menge Herausforderungen dabei, den Abfangflugkörper zu entwickeln, wegen der hohen Geschwindigkeiten beim Wiedereintritt aus dem Weltraum.
Aufgrund des Fluges innerhalb und außerhalb der Atmosphäre, am Rande der Atmosphäre, mussten mehrere Steuermöglichkeiten an Bord sein: Flossen für die Atmosphäre, andere für den Weltraum. Es brauchte neue Mechanismen, um das Ziel aufzufassen und zum Abfangpunkt zu navigieren. Wobei Arrow 3 auf das Abfangen außerhalb der Atmosphäre ausgelegt ist und keine Flossen mehr hat.
Wo soll die Ausbildung für das deutsche Bedienpersonal stattfinden? Ein System wie Arrow ist sehr komplex in Betrieb und technischer Wartung. Es wird eine Menge Training in Kooperation von Israel, Deutschland und den USA geben. Das wird viele Jahre dauern, sowohl in Israel als auch Deutschland.
Welche Unterstützungsleistungen sind bei diesem Geschäft für die wehrtechnische Industrie in Deutschland – zum Beispiel Lizenzproduktion – vorgesehen? Die Bedingungen dafür stellen der Bundestag und der Bundeskanzler, und der Zeitraum ist sehr kurz. Wir wollen identische Versionen haben. Manche Aspekte werden zusammen mit unserem Partner MBDA in Deutschland gehandhabt werden, andere in Israel, aber Einsatz und Wartung in Deutschland.
Der renommierte österreichische Politikwissenschaftler Gustav Gressel sagt, Deutschland benötige bei den Fähigkeiten einen „Mix aus Arrow 2 und Arrow 3“. Hat er recht? Man muss seine Fähigkeiten auf die Ziele und Anforderungen ausrichten. Deutschland hat die Bedrohungen identifiziert, und Arrow 3 ist fähig, diesen zu begegnen. Den Rest kann man immer in der zweiten Abfangschicht ausgleichen. Arrow 2 und 3 sind dafür grundsätzlich eine gute Kombination, wie wir während des iranischen Raketenangriffs auf Israel am 14. April demonstriert haben. Und wenn man in die Zukunft schaut, gibt es Arrow 4.