Der Kampfpanzer (KPz) Leopard 2 stellt das Rückgrat der gepanzerten Streitkräfte und das Hauptwaffensystem zum Kampf gegen gegnerische Panzerverbände da. Dabei ist er insbesondere für den hochmobilen Kampf im direkten Duell mit gegnerischen Kampfpanzern ausgelegt.
Die fortlaufende Entwicklung der Panzerkampftechnologie und die sich daraus ändernden Einsatzanforderungen bedingen eine kontinuierliche Überprüfung und Anpassung der Anforderungen sowie der Systemauslegung des Kampfpanzers. So wurde der KPz Leopard 2 basierend auf den Erfahrungen mit dem KPz Leopard 1 als konsequente Weiterentwicklung in allen Fähigkeiten umgesetzt. Dieser Prozess wird fortlaufend weitergeführt, so dass mittlerweile die Version A8 den modernsten Stand repräsentiert.
Im Kern sind die systembestimmenden Auslegungskategorien dabei unverändert
- Schutz der Besatzung und der Kampffähigkeit
- Hohe taktische und strategische Mobilität
- Überlegene Aufklärung und Wirkung
Neben den Hauptmerkmalen gilt es auch die Durchhaltefähigkeit des Systems inklusive seiner Besatzung bei der Systemauslegung angemessen zu berücksichtigen. So, dass den Aspekten
- Ergonomie / Bedienung
- Inspektion, Wartung und Instandsetzung
- Kommunikation und Führungsfähigkeit
ebenfalls eine wesentliche Bedeutung zukommt.
Schutz
Der Schutz ist eine der primären Fähigkeiten des Kampfpanzers, um die Überlebensfähigkeit der Besatzung und die Kampffähigkeit des Systems zu gewährleisten. Dabei gilt es einer Vielzahl von Bedrohungen standzuhalten oder neuerdings abzuwehren, darunter ballistische Geschosse, Panzerabwehrwaffen, Minen und improvisierte Sprengkörper. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist der Leopard 2 mit einer mehrschichtigen Panzerung ausgestattet, die sowohl kinetische Energie als auch Hohlladungswirkungen minimiert.
Fortschritte in der Panzerungstechnologie, einschließlich Verbundpanzerungen, reaktiver und aktiver Schutzsysteme, werden ständig evaluiert, um den Schutz des Fahrzeugs kontinuierlich zu verbessern und an die aktuellen Bedrohungen anzupassen. In der aktuellsten Version des Leopard 2 kommt erstmals das aktive Schutzsystem TROPHY zum Einsatz. Zum Schutz der Besatzung gegen atomare, chemische und biologische Bedrohungen verfügt der Leopard 2 zusätzlich über eine ABC-Schutzbelüftungsanlage. Diese wurde in den aktuellen Varianten hinsichtlich Integrationsort (höchst mögliche Einbauposition, um den Partikeleintrag zu reduzieren) und Integrationsart (Kombination mit Kampfraumkühlanlage, um die Ergonomie zu steigern) optimiert.
Um frühzeitig auf Bedrohungen reagieren zu können, ist die rechtzeitige Aufklärung von Gefährdungen eine wesentliche Voraussetzung. Hierfür verfügt der Leopard 2 je nach Ausstattungsvariante über eine Erkennungsbzw. Warnsensorik, die zum Beispiel den gegnerischen Lasereinsatz oder den (Lenk-)Flugkörperbeschuss erkennt und der Besatzung als Warnmeldung mit Bedrohungsrichtung anzeigt.
Mobilität
Die taktische Mobilität ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Einsatzfähigkeit des Leopard 2 bestimmt. Eine hohe Geschwindigkeit und Wendigkeit ermöglichen es dem Panzer, schnell auf wechselnde Gefechtssituationen zu reagieren und effektiv zu manövrieren. Dies erfordert einen leistungsstarken 1500 PS Motor, eine effiziente Kraftübertragung und eine robuste und zugleich fein ansprechende Federung, um eine gute Geländegängigkeit zu gewährleisten. Der Fähigkeitsaufwuchs und dem damit unabdingbaren Gewichtsaufwuchs wurde durch Anpassung der Übersetzung des Endantriebes Rechnung getragen. Zusätzlich werden fortgeschrittene Steuerungs- und Navigationssysteme eingesetzt, um die Fahrzeugführung zu erleichtern und die taktische Mobilität zu optimieren. Auch die Fähigkeit zur schnellen Überwindung von Gewässern tragen zur hohen taktischen Mobilität des Leopard 2 bei. Dabei ist er befähigt ohne Vorbereitung im Watbetrieb bis 1200mm und mit Tauchschacht bis zu 4000mm tiefe Gewässer zu durchfahren.
Die strategische Mobilität des KPz Leopard 2 bezieht sich auf seine Fähigkeit, schnell und effizient über große Entfernungen verlegt zu werden, um schnell weltweit eingesetzt werden zu können. Das System ist dazu so ausgelegt, dass ein Transport über Straße, Schiene sowie per See- und Lufttransport jederzeit möglich ist. Dadurch ergeben sich neben Anforderungen an das Material und seine Einzelkomponenten (wie Klima- und Umweltbeständigkeit) auch Beschränkungen für das maximale Gesamtgewicht und die Außenmaße der Systems. Der Leopard 2 kann mit allen genannten Transportmitteln transportiert werden und verfügt somit über eine hohe strategische Mobilität.
Wirkung
Die Feuerkraft des Leopard 2 ist entscheidend für die Überlegenheit im Gefecht. Das Hauptbewaffnungssystem des Panzers ist eine leistungsfähige 120mm Glattrohrkanone, die eine präzise Bekämpfung von Zielen in einer Entfernung von bis zu 6000m ermöglicht. Dabei kommen zur Bekämpfung unterschiedlicher Ziele verschiedene Munitionssorten, insbesondere panzerbrechende kinetische Pfeilmunition zur Wirkung gegen hochgepanzerte Ziele sowie Sprengmunitionen zur Bekämpfung von halbharten und weichen Zielen zum Einsatz. Zuletzt wurde die tempierbare High Explosive Munition (HE) DM11 mit einem programmierbaren Zünder eingeführt. Sie kann mit und ohne Verzögerung sowie mit Luftsprengpunkt genutzt werden und erhöht damit die Wirkung gegen Flächen- und Infrastrukturziele erheblich, wodurch das System insgesamt taktisch flexibler wirken und agieren kann.
Der schnelle und präzise Einsatz dieser Bewaffnung ist dabei eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg im direkten Duell. Daher unterstützen moderne Feuerleitsysteme, einschließlich der erforderlichen ballistische Berechnungen, einer Kompensation von Störeinflüssen auf die Trefferleistung sowie einer präzisen Stabilisierung der Hauptwaffe, die Besatzung bei der effektiven Zielerfassung und -bekämpfung. Die „Hunter-Killer-Fähigkeit“, bei der der Kommandant Ziele aufklärt (Hunter) und dem Richtschützen zur Bekämpfung (Killer) zuweist, ermöglicht eine effiziente Aufgabenteilung und damit eine schnelle Bekämpfungsabfolge mehrerer Ziele nacheinander. Auch der Selbstschutz gegen andere Bedrohungen zählt zu den Forderungen an den Kampfpanzer. Zum Selbstschutz gegen infanteristischen Feind sowie Bedrohungen aus der Luft ist der Leopard 2 mit einem koaxialen sowie einem Fliegerabwehr-Maschinengewehr mit 7,62mm Munition ausgestattet. In einigen Nationen verfügt der Kampfpanzer Leopard zusätzlich über eine turmunabhängige fernbediente Lafette, die mit Waffen verschiedenen Kalibergrößen bis zu einer 12,7mm Maschinenkanone ausgestattet werden kann. Dies ermöglicht den sogenannten „Killer-Killer-Modus“, indem Richtschütze und Kommandant parallel Ziele bekämpfen. Darüber hinaus bietet eine solche Lafette, aufgrund des größeren Richtbereiches, eine zusätzliche Möglichkeit Bedrohungen aus der Luft, wie Drohnen, zu bekämpfen.
Die Vernetzung und Kommunikation spielen eine zunehmend wichtige Rolle in modernen Panzeroperationen. Der Leopard 2 muss in der Lage sein, Informationen mit anderen Einheiten auszutauschen und nahtlos in ein größeres Netzwerk integriert zu werden. Dies ermöglicht eine verbesserte Situationswahrnehmung, koordinierte Operationen und die effektive Nutzung von Unterstützungskräften. Zu diesem Zweck werden entsprechende Kommunikationssysteme eingesetzt, die eine zuverlässige Datenübertragung und sichere Sprachkommunikation in Echtzeit ermöglichen. Derzeit erfolgt im Deutschen Heer die Einbindung in die „Digitalisierung Landbasierte Operationen“ (D-LBO).
Ergonomie / Bedienung
Die Ergonomie und der Besatzungskomfort sind wesentliche Faktoren zur Erhaltung der Durchhaltefähigkeit und Effektivität der Besatzung des Leopard 2. Die Besatzungsmitglieder müssen unter den oft extremen Bedingungen des Gefechts einsatzbereit und konzentriert sein. Dies erfordert eine ergonomische Gestaltung des Fahrzeuginnenraums, eine effektive Klimatisierung und Belüftung, sowie Schutzvorrichtungen gegen Vibrationen, Lärm und Kampfstoffe. So wird beispielsweise beim Kraftfahrer ein Gurtsitzsystem eingesetzt, das durch seine Entkopplung von der Fahrzeugwanne gleichermaßen den Komfort erhöht, in dem es Vibrationen reduziert, wie auch den Minenschutz verbessert, da es Stöße nur stark gedämpft weiterleitet.
Auch das Rollenkonzept innerhalb der vierköpfigen Besatzung trägt wesentlich zur Durchhaltefähigkeit und Effizienz im Gefecht bei. Der Kommandant ist für die Führung des Kampfpanzers verantwortlich. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Verbindung zum taktischen Führer zu halten. Ist er selbst taktischer Führer, dann verfügt der Leopard 2 über eine Vielzahl von Unterstützungssystemen, insbesondere einem Battle Field Management System. Darüber hinaus ist er für die taktische Koordinierung innerhalb des Panzers verantwortlich. Dazu wählt er Stellungen und Bewegungsachsen sowie Beobachtungs- und Wirkungsbereiche bzw. zu bekämpfende Ziele aus, die er dem Fahrer bzw. dem Richtschützen zuweist. Der Richtschütze unterstützt den Kommandanten in der Zielaufklärung und ist der Hauptverantwortliche für die Bekämpfung der ausgewählten Ziele. Der Ladeschütze ist neben den Ladetätigkeiten der Hauptwaffe und dem koaxialen MG auch für die Bedienung der Zusatzbewaffnungen (Fliegerabwehr MG und Zusatz-Lafette) verantwortlich. Der Fahrer ist für das Erreichen, der durch den Kommandanten vorgegebenen Ziele verantwortlich, dabei wählt er selbstständig möglichst gedeckte Fahrwege und geeignete Stellungen.
Diese Aufgabenteilung erfordert in der Systemauslegung eine Optimierung der jeweiligen Arbeitsplätze für die vorgesehenen Aufgaben und breitbandig ausgelegte Kommunikationsmöglichkeiten über die Teilsystemgrenzen Turm und Fahrgestell hinaus. Beispielsweise sind der Kommandant, der Richtschütze und auch der Fahrer mit Hilfsmittel zur Nachtsicht ausgestattet, so dass eine parallele, unabhängige Aufgabenerfüllung auch bei Nacht ermöglicht wird. Darüber hinaus muss das Betriebsartenkonzept auf die Rollen abgestimmt sein und eine einfache und intuitive Bedienung ermöglichen. So ist die Zuweisung eines Ziels durch den Kommandanten mit nur zwei Tasten blind bedienbar möglich.
Für die Aufgabenwahrnehmung oberhalb der Einzelpanzerebene stehen dem taktischen Führer neben den Sprach- und Datenfunkanbindungen auch weitere Vernetzungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Lichtwellenleiter- Anbindungen zur Verfügung. Hierbei weisen die aktuellen Varianten eine erweiterbare Systemarchitektur hinsichtlich aktuellster Datenschnittstellen auf. Dabei wird eine parallele Architekturebene genutzt, die die technische Bestandswelt mit aktuellen Standards, wie der NATO Generic Vehicle Architecture (NGVA), ermöglicht.
Inspektion, Wartung und Instandsetzung
Die Wartung und Instandhaltung des Leopard 2 sind entscheidend für die Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit des Fahrzeugs. Effiziente Wartungsprozesse, einschließlich regelmäßiger Inspektionen, Wartungspläne und schneller Ersatzteilversorgung, sind erforderlich, um Ausfallzeiten zu minimieren und die Lebensdauer des Panzers zu maximieren. Dies bedeutet für die Systemauslegung, den Nutzer mittels moderner interner und externer Diagnosesysteme in die Lage zu versetzen, Defekte schnell zu erkennen und zu lokalisieren sowie durch gute Zugänglichkeit zu den wesentlichen Komponenten einen schnellen Austausch zu ermöglichen.
Weitere Forderungen
Neben den taktisch-logistischen Forderungen des Nutzers stellen weitere Forderungen aus den Bereichen Arbeitssicherheit und Umweltschutz eine zusätzliche Randbedingung bei der Umsetzung von technischen Lösungen da. Ein überlegener Kampfpanzer, wie der Leopard 2, ist das Ergebnis einer ausgewogenen Optimierung der oben beschriebenen Einzelkategorien zum einem optimierten Gesamtsystem.
Zusammenfassung
Die Fähigkeitsforderungen und systembestimmenden Randbedingungen des Kampfpanzers Leopard 2 sind vielfältig und anspruchsvoll. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Integration fortschrittlicher Technologien bleiben der Leopard 2 und seine Varianten weiterhin an der Spitze der Panzerkampftechnologie.
Die Berücksichtigung dieser Anforderungen und Randbedingungen ist entscheidend für die Entwicklung und den Einsatz zukünftiger Varianten oder neuer Panzerplattformen, die den sich ändernden Anforderungen des modernen Gefechts gerecht werden können. Hierbei stellt insbesondere die Forderung nach weiter gesteigerten Leistungsdaten, zusätzlichen Funktionalitäten, dem damit verbundenen hohen Gewichts-, Raum- und Energiebedarfs und der gleichzeitigen Forderung nach gleicher taktischer und strategischer Mobilität da. Dies gilt es, wie bisher in der Geschichte des Leopard gut gelungen, auch zukünftig durch den Einsatz neuer Technologien sowie einem intelligenten und ausgewogenen Gesamtkonzept sicherzustellen.
Autor: Volker Seibt ist Hauptabteilungsleiter/Executive Manager System Engeneering bei KNDS Deutschland GmbH & Co. KG.