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General Carsten Breuer im Gespräch mit Michael Horst, Chefredakteur HHK. (Foto ©MRV )
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Interview mit General Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr

Herr General, was fordert Sie denn als Berater der Bundesregierung zurzeit dienstlich besonders?

Es ist völlig klar: Im Vordergrund steht die Bedrohung durch Russland. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, wie Russland sich auf einen langen Konflikt einstellt, sich neu formiert und seine Streitkräfte reorganisiert. Trotz des sehr intensiven Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine gelingt es Putin weiterhin, Material zu generieren, das dann nicht an die Front geht, sondern in Depots und neue Militärstrukturen oder gar neue Systeme wie „Oreschnik“ einzusetzen. Wenn man dies in Kombination mit den wiederholten Äußerungen aus dem Kreml betrachtet – also, wenn zu den Fähigkeiten auch noch eine klare Intention hinzukommt, dann wird, so glaube ich, klar, welche Herausforderungen ich sehe.

Ich kann Ihnen das auch zeitlich einordnen: Unsere Analysen zeigen, dass es fünf bis acht Jahre dauern wird, bis die russischen Streitkräfte wieder so stark rekonstituiert sind, dass ein groß angelegter Angriff auf NATO-Territorium möglich ist. Ich sage bewusst „möglich“, weil es nicht so kommen muss. Aber weil es möglich sein könnte, müssen wir darauf vorbereitet sein. Das bedeutet für mich, dass wir uns bis 2029 materiell, personell und mental so aufstellen müssen, dass wir kriegstüchtig sind. Und das schließt für mich ein, dass unsere Streitkräfte in Gänze nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt einsatzbereit sind, sondern kontinuierlich auf einem hohen Einsatzbereitschaftslevel bleiben müssen. Das ist ein deutlicher Unterschied zu den vergangenen Jahren.

Sind Sie mit den politischen Entscheidungen zur Struktur der Bundeswehr zufrieden oder gibt es da aktuellen Nachsteuerungsbedarf?

Lassen Sie uns zunächst einmal die Struktur einnehmen, die im letzten April durch den Minister entschieden wurde. Die Entscheidung, eine neue Streitkräftestruktur in Angriff zu nehmen, wurde im November 2023 getroffen. Bis zum 1. April 2024 waren alle Vorbereitungen so weit abgeschlossen, dass man mit der Umsetzung und der Weisungsgebung für die Struktur beginnen konnte. So etwas hat es in dieser Geschwindigkeit bisher nicht gegeben. Die geschilderte Lage macht es auch notwendig, dass wir schnell und konsequent bis zum kommenden April in diese neue Struktur übergehen. Natürlich werden wir laufend überprüfen, ob das übergeordnete Ziel erreicht wird: nämlich, dass wir uns besser für die Landes- und Bündnisverteidigung aufstellen. Im Rahmen von Dienstaufsichten lasse ich mir regelmäßig dazu vortragen, um sicherzustellen, dass die Richtung stimmt. Derzeit bin ich zuversichtlich, wir sind sehr gut auf Kurs.

Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie zurzeit bei der Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung?

Unser Ausgangspunkt ist die erste deutsche Nationale Sicherheitsstrategie, die ja nicht nur militärische Anknüpfungspunkte bietet, die wir aber 2023 schon in die Verteidigungspolitischen Richtlinien für die Bundeswehr überführt haben. Diese Richtlinien geben klar vor, wie wir unsere Streitkräfte ausrichten müssen. Hierbei war es wichtig, die Gleichzeitigkeit zweier Aufgaben zu berücksichtigen: Zum einen müssen wir uns wieder verstärkt auf die Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren. Diesen Schwerpunkt müssen wir klar priorisieren und nach vorne stellen. Gleichzeitig dürfen wir das, was wir in den vergangenen Jahren erfolgreich umgesetzt haben, nicht vernachlässigen: das internationale Krisenmanagement. Diese Gleichzeitigkeit ist kein Widerspruch oder gar ein „Entweder-Oder“, sondern vielmehr sind es die zwei Seiten derselben Münze. Denn in der globalisierten Welt von heute hängt alles miteinander zusammen: Daten, Lieferketten und auch Konflikte.

Die Fähigkeiten, die wir für Landes- und Bündnisverteidigung und internationales Krisenmanagement benötigen, müssen wir mit einem Single Set of Forces abdecken. Die Bundeswehr steht uns schließlich nur einmal zur Verfügung. Unsere gesamten Kräfte sind bereits in die NATO-Planungen eingemeldet, trotzdem müssen wir jederzeit in der Lage sein, wenn es erforderlich ist oder werden wird, auch im Bereich des internationalen Krisenmanagements zu agieren. Die sicherheitspolitische Lage ist so volatil und so voller Abhängigkeiten, dass wir nicht auf einen einzigen Schauplatz fokussieren dürfen. Wenn Militär als ein Instrument der Politik dient, dann müssen wir zwingend beides beherrschen: Landes- und Bündnisverteidigung und internationales Krisenmanagement.

Können Sie uns etwas zur Militärstrategie der Bundeswehr sagen? Ist diese in Erarbeitung?

Die erste deutsche Militärstrategie ist neben dem Fähigkeitsprofil der nächste Schritt, der nun auf Grundlage der Verteidigungspolitischen Richtlinien umgesetzt wird. Früher wäre in Umsetzung der Verteidigungspolitischen Richtlinien eine Konzeption der Bundeswehr erforderlich gewesen. Wir haben uns jedoch bewusst dagegen entschieden, da dies den Prozess noch einmal verlängert hätte. Stattdessen gehen wir nun direkt von den Verteidigungspolitischen Richtlinien zum Fähigkeitsprofil über und entwickeln parallel dazu erstmals in der Geschichte der Bundeswehr eine Militärstrategie. Diese Militärstrategie wird im kommenden Jahr veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Es wird sowohl einen öffentlichen als auch einen geheimen Teil geben, wie es auch in anderen Ländern üblich ist. Dass wir diese Strategie jetzt in Angriff genommen haben, ist ein Ausdruck eines neuen Denkens und vor allem der veränderten Bedrohungslage geschuldet.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des HHK!

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