Nachgefragt bei … Michael Humbek, CEO der Dynamit Nobel Defence GmbH
Herr Humbek, erst einmal unsere Anerkennung für die Leistungen, die hier beim Neubau des Gießzentrums erbracht worden sind. Welche besonderen Herausforderungen galt es denn bei diesem Neubau von der Dynamit Nobel Defence GmbH zu überwinden? Eine der wesentlichen Herausforderungen waren sicherlich die Planungs- und Genehmigungsphase. Wir haben etwa vier Jahre gebraucht, um mit den Behörden ein solches Gebäude zu projektieren und auch tatsächlich zu planen. In Deutschland haben wir tatsächlich nicht viel Übung darin, solche Bauprojekte zu realisieren. Wir haben hier vor einigen Jahren eine 600-Meter- Schießbahn gebaut. Dies war die erste Schießbahn ihrer Art seit dem Zweiten Weltkrieg, so wie mir mitgeteilt wurde. Und da haben sich entsprechend viele Behörden einfach interessiert. Keiner wollte Fehler machen. Ähnlich war es hier: Die Anforderungen hinsichtlich der Explosivstoffmengen, die wir hier verarbeiten wollen, ist zum Beispiel bei der Auslegung der Wandstärken zu berücksichtigen. Das macht viele Untersuchungen notwendig, und unter anderem deshalb war die ganze Bau- und Planungsphase sehr lang und anspruchsvoll.
Was waren denn überhaupt die wesentlichen Gründe für diesen Neubau? Wir betrachten uns als einen der vier großen Munitionshersteller in Deutschland. Unsere Produktpalette hat sich in den letzten Jahren sehr stark verbreitert. Vor 20 Jahren war die Panzerfaust tatsächlich eine reine Panzerabwehrwaffe und hatte eigentlich kaum zusätzliche Fähigkeiten. Mittlerweile schießt der Infanterist auf alle möglichen Ziele, sodass wir auch eine relativ große Bandbreite an unterschiedlichen Gefechtsköpfen haben: Antistruktur-Munition, Spreng-Splitter-Munition, Leuchtköpfe, Nebelköpfe, Übungsmunition und natürlich auch die konventionellen Panzerfäuste, sprich Hohlladungsgefechtsköpfe. Teilweise machen es Gefechtskopf-Geometrien notwendig, die Explosivstoffe gießen zu müssen, da sie nicht pressbar sind. Zum Beispiel die Antistruktur- Munition, die wir unter anderem an die Bundeswehr liefern. Die Projektile wurden bisher in Israel bei Rafael Advanced Systems als Kooperationsprojekt entwickelt und gefertigt. Wir haben aber jetzt im Zuge der Anpassungsentwicklung des Projektils, welche auf deutsche Anforderungen hin notwendig wurde, auch die gesamte Wertschöpfung herübergeholt. Aus der Notwendigkeit heraus, auch für die Bundeswehr in größeren Serienfertigungen bei uns gießen zu können, haben wir uns diese Kompetenz selbst aufgebaut.
Welche wesentlichen Vorteile bietet denn dieser Neubau für die Produktion hier in der Firma? Wir können jetzt parallel pressen und gießen und versetzen uns in die Lage, in Großserien gegossene Gefechtsköpfe herzustellen, was wir bisher eigentlich immer nur im Prototypenbau machen konnten. Damit schaffen wir es künftig, größere Aufträge von der Bundeswehr oder anderen Kunden schneller und effizienter abzuwickeln.
Kurze Frage zum Personal. Personal ist ja bei der Bundeswehr ein Hauptthema. Haben Sie Probleme mit dem Personal, das hier zu finden? Ja. Die Zeitenwende ist etwas, was ja in aller Munde ist. Ich erwähne gerne, dass sie bei uns schon 2014 angefangen hat, nämlich mit der Annexion der Krim. Das heißt, wir haben auch signifikante Erhöhungen des Bestellaufkommens schon seit 2014 verzeichnet. Nicht aus der Bundeswehr, denn in Deutschland hat bis vor Kurzem noch niemand von einer Zeitenwende gesprochen. Viele europäische Nationen hingegen haben sich aber schon angepasst. Und deshalb haben wir seit 2014 die Fertigungskapazitäten bereits verdoppeln müssen. Insbesondere über zusätzliches Personal haben wir dies realisiert. In dem Zusammenhang haben wir natürlich auch die bekannten Probleme des Fachkräftemangels gehabt.
Das komplette Interview lesen Sie in HHK 5/2023!