Die Rolle des Kommandos Aufklärung und Wirkung im Cyber- und Informationsraum
„Augen, Ohren und das zentrale Nervensystem der Streitkräfte“. So beschrieb Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius die entscheidende Rolle der Teilstreitkraft CIR im Cyber- und Informationsraum (CIR) vor dem Hintergrund steigender Cyberangriffe bei einem Truppenbesuch in der Tomburg-Kaserne.
In einer Zeit, in der die Gefahr eines hybriden Krieges in Europa real ist und die Verwundbarkeit vernetzter Staaten im Cyber- und Informationsraum zum Beispiel durch russische Cyberangriffe auf das ukrainische Stromnetz 2015 unter Beweis gestellt wurde, ist die Transformation zu einer kriegsfähigen und wehrhaften Teilstreitkraft unabdingbar. Ein zentrales Element dieser neuen strategischen Ausrichtung ist das Projekt „CIR 2.0“ mit dem Ziel, die Effizienz und Reaktionsfähigkeit im digitalen und elektromagnetischen Spektrum zu verbessern. Durch flachere Hierarchien und die Bündelung querschnittlicher Aufgaben sollen die operativen Fähigkeiten im CIR gestärkt werden.
Ein Kernstück dieser Reform ist die Neuaufstellung des Kommandos Aufklärung und Wirkung am 1. April 2023. Um in der komplexen und dynamischen Welt militärisch effektiv zu operieren und den sich kontinuierlich verändernden Bedrohungen in der Dimension CIR proaktiv zu begegnen, ist eine integrierte Vorgehensweise entscheidend, die durch das Kommando Aufklärung und Wirkung Diese Fähigkeiten zur Aufklärung und Wirkung sind entscheidend, um die Bundeswehr vor Bedrohungen im digitalen und elektromagnetischen Spektrum zu schützen und ihre Operationsfreiheit zu gewährleisten. Darüber hinaus spielt das Kommando eine wichtige Rolle in der Analyse und Auswertung komplexer Daten, um Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen zu unterstützen.
Verschiedene Aufklärungsdisziplinen
Die Erfüllung der Fähigkeitsbreite gelingt dem Kommando durch seine hoch spezialisierte Struktur. Dem Kommandostab unterstehen neun Dienststellen und Verbände. Jedes dieser Elemente hat einen speziellen Auftrag: Dieser reicht von der Wirkung im elektromagnetischen Spektrum und im Cyberraum bis hin zu den verschiedenen Aufklärungsdisziplinen wie
- SIGINT (Signals Intelligence)
- IMINT (Imagery Intelligence)
- OSINT (Open Source Intelligence)
- MASINT (Measurement and Signature Intelligence).
Eine wesentliche Voraussetzung zur erfolgreichen Auftragserfüllung ist ein durchgehend verfügbares und geschütztes IT-System, das allen Nutzern weltweit und zeitverzugslos zur Verfügung steht. Damit werden die Informationsverarbeitung und der gesamte Informationsaustausch ermöglicht.
Die signalerfassende Aufklärung (SIGINT) ist eine Aufklärungsdisziplin, die sich auf das Gewinnen, Sammeln und Analysieren elektronischer Signale konzentriert. Diese Signale können aus verschiedenen Quellen stammen, darunter Funkkommunikation, Radarsignale, Satellitenkommunikation, Mobilfunk und andere elektronische Emissionen. SIGINT ist von entscheidender Bedeutung, um Informationen über die Kommunikationsstrukturen und Aktivitäten potenzieller Gegner zu gewinnen. In militärischen Kontexten spielt SIGINT eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung taktischer, operativer und strategischer Entscheidungsprozesse.
Durch die Analyse der gewonnenen Signale können Aufklärungseinheiten Informationen über die Absichten, Fähigkeiten und Bewegungen feindlicher Streitkräfte bereitstellen. Im Kommando Aufklärung und Wirkung wird diese Disziplin von den Fernmeldeaufklärungszentralen Nord und Süd wahrgenommen, welche rund um die Uhr „ihre Ohren aufstellen“. Ebenfalls nehmen die Bataillone der Elektronischen Kampfführung (EloKa) im Bereich der signalerfassenden Aufklärung auf operativer Ebene sowie im elektronischen Kampf (Electronic Warfare, EW) – hier der Schwerpunkt auf taktischer Ebene – eine weitreichende Rolle ein. Die EloKa-Bataillone werden in der neuen Struktur absehbar über hoch entwickelte Sensorik verfügen, die dann ständig an die technologischen Neuerungen anzupassen ist. Durch die dann erfolgte Integration modernster IT-Systeme, Datenverarbeitungstechnologien und mit KI-Unterstützung können sie Echtzeitinformationen bereitstellen, die für die taktische Planung von Operationen von entscheidender Bedeutung sein können. Die EloKa-Bataillone zeichnen sich besonders durch ihre Fähigkeit aus, im elektromagnetischen Spektrum zu wirken. Sie sind in der Lage, elektronische Gegenmaßnahmen einzusetzen, um feindliche Kommunikation zu stören, elektronische Systeme zu täuschen oder zu manipulieren sowie gegnerische Sensoren und Waffensysteme zu beeinträchtigen. Diese Fähigkeiten tragen dazu bei, die Durchhaltefähigkeit eigener Streitkräfte zu erhöhen und feindliche Operationen zu erschweren.
Die Aufklärungsdisziplin IMINT (Abbildende Aufklärung) hat drei Unterkategorien: weltweit, weiträumig und im Einsatzgebiet. Die Zentrale Abbildende Aufklärung ist bundeswehrweit die einzige Dienststelle, die satellitengestützt weltweit Bildaufklärung betreibt. Die ausgewerteten Bilddaten werden in Form von Analyseprodukten über das Joint Intelligence Center den Bedarfsträgern im Inland sowie Bündnispartnern zur Verfügung gestellt. Zu diesem Zweck nutzt die Zentrale zwei national beschaffte Satellitenkonstellationen: das Radar-Aufklärungssystem SAR-Lupe sowie das bereits eingeführte Nachfolgesystem SARah. SAR-Lupe und SARah verfügen über unabhängig von Tageslicht und Wetter arbeitende, hochauflösende Synthetic Aperture Radare (SAR). Im Verbund mit weiteren internationalen Kooperationen gewinnt die Zentrale Abbildende Aufklärung als das „Auge“ im Kommandobereich rund um die Uhr und weltweit Informationen, die Lagebilder komplettieren und strategische Entscheidungen unterstützen, ohne physisch Truppen verlegen zu müssen oder Hoheitsrechte zu verletzen. Die Zentrale Abbildende Aufklärung trägt damit wesentlich zu der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Effektivität des Systems Militärisches Nachrichtenwesen bei.