Nachgefragt bei … Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
Frau Präsidentin, noch bis Jahresende wollen Sie zwei Drittel des Geldes aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen „in Verträgen gebunden haben“. Der Rest soll dann im kommenden Jahr folgen. Welche besonderen Herausforderungen für Ihren Verantwortungsbereich und die Industrie sind damit verbunden? Natürlich ist das Sondervermögen eine immense Herausforderung nur für das Amt. Alle Bereiche, also auch unsere Wehrtechnischen Dienststellen und die Forschungsinstitute, arbeiten im Rahmen ihrer Aufgaben für die Erprobung von Material und der Forschung für zukunftsfähige Systeme und Verfahren unter Hochdruck.
Aber wir sind ein leistungsfähiges, agiles und effektives Amt. Weiterentwicklung ist eine Daueraufgabe unseres Hauses; seit 2015 wird die Organisation fortlaufend angepasst und modernisiert. Nur so konnte das Auftragsvolumen im Jahr 2022 im Verhältnis zu 2015 mehr als verdoppelt werden. Allein im vergangenen Jahr wurden weit über 11.000 Verträge, die Instandsetzungsverträge nicht mitgerechnet, mit einem Gesamtvolumen von über 21 Milliarden Euro geschlossen. Und die deutliche Mehrheit der über 1.500 dauerhaft in Bearbeitung befindlichen Projekte liegt im Zeit- und Kostenrahmen. Ich sehe uns daher auch für die Herausforderungen der Zeitenwende und die Umsetzung des Sondervermögens gut aufgestellt. Die eingeleiteten Reformen helfen uns dabei. Hier möchte ich zum Beispiel die konsequente und klare Schwerpunktsetzung, Priorisierung und Fokussierung auf marktverfügbare Lösungen nennen. Mit den bisherigen Ergebnissen im Zusammenhang mit dem Sondervermögen haben wir bewiesen, dass wir immer noch einen Gang zulegen können. Die Verfügbarkeit des zu beschaffenden Materials hängt auch von der Produktionsleistung der Industrie ab, deren verfügbare Kapazitäten nicht in meiner Verantwortung liegen. Aber ich weiß natürlich, dass die ersten Schritte zu einer Steigerung der Produktivität in der Rüstungsindustrie veranlasst sind.
Im Oktober 2023 hat das Amt seinen elfjährigen Geburtstag. Ist aus Ihrer heutigen Sicht der Übergang vom damaligen Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung zum Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und die damit verbundene Materialverantwortung für die Einsatzreife gut gelungen und wird die Aussage für die Ausrüstung der Bundeswehr „von der Wiege bis zu Bahre“ beibehalten?
Die damalige Aufstellung des BAAINBw, die ja die Fusion des BWB und des IT-Amtes der Bundeswehr unter gleichzeitiger Übernahme der Materialverantwortung aus den Teilstreitkräften beinhaltete, war ein echter Kraftakt für alle Beteiligten. Ziele waren insbesondere die Schaffung von Synergieeffekten und auch die Einsparung von Dienstposten. Gerade diese Synergieeffekte sehe ich im täglichen Geschäft: Die zuständigen Bearbeiterinnen und Bearbeiter, im Bereich der „Nutzung“ überwiegend Soldatinnen und Soldaten, leisten mit großem Selbstverständnis ihren Beitrag, um die materielle Einsatzbereitschaft „ihrer“ Systeme zu optimieren. Genau so wichtig ist es, dass hier die zivilen und militärischen Beschäftigten von Beginn eines Projektes an gemeinsam arbeiten und der Aspekt der „Nutzung“ eben auch schon in der Projektierungsphase mitgedacht wird. Diese gewachsene, integrierte Arbeitsweise hat sich aus meiner Sicht hervorragend bewährt. Also ein deutliches Ja, die Ausrüstung „von der Wiege bis zur Bahre“ macht Sinn und sollte beibehalten werden. Die durchgehende Verantwortung für das Wehmaterial stellt heute die effektivste und effizienteste Form der Nutzungssteuerung in der Bundeswehr dar.