Von Ole Henckel
„Das Ziel ist eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt.“
„Wir werden im Falle eines Angriffs jeden Zentimeter des NATO-Gebiets verteidigen.“
Beide Aussagen stammen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Die erste aus seiner Rede zur Zeitenwende vom 27. Februar 2022 und die zweite von einem Besuch in Litauen im Juni 2022. Übersetzt bedeuten sie, dass die Bundeswehr wieder in die Lage versetzt werden soll, den Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung wahrzunehmen. Eine Forderung, die sich schnell aufstellen lässt. Will man sie aber tatsächlich umsetzen, folgen daraus umfassende Konsequenzen. Es bedeutet, dass die Teilstreitkräfte wieder einsatzbereit, dass heißt, kriegstauglich werden müssen. Insbesondere im Heer erfordert dies eine Umstrukturierung. Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, hat dazu das „Zielbild Einsatzkräfte Heer “ entwickeln lassen. Die angestrebte Struktur des Heeres zeigt, wie man der gestellten Anforderung begegnen will.
Aus der Neuausrichtung des Heeres auf Landes- und Bündnisverteidigung folgt, dass der Maßstab der Leistung wieder der Kampf gegen einen gleichwertigen Gegner ist. (Foto © ©Bw/Maximilian Schulz)
Nach der Annexion der Krim durch Russland und dem Beginn des Krieges in der Ostukraine im Jahr 2014 hat ein Prozess begonnen, der die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) als Auftrag zumindest wieder auf den Plan gerufen hat, nachdem die gesamte Bundeswehr seit den 1990er-Jahren zunehmend und ausschließlich auf das internationale Krisenmanagement ausgerichtet wurde. In den folgenden Jahren seien aber nur „punktuelle Fähigkeitsverbesserungen realisiert worden, ohne dass das Heer in seiner Breite bereits auf LV/BV ausgerichtet werden konnte,“ wie es in der „Informationsbroschüre 2022 – Aktuelles aus dem Deutschen Heer“ heißt, die vom Heer selbst herausgegeben wurde. Das Ziel der breiten Ausrichtung des Heeres auf Landes- und Bündnisverteidigung hat jedoch seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 eine absolute Priorisierung erfahren. Die angeführten Forderungen von Bundeskanzler Scholz unterstreichen dies. Eine Konsequenz aus dieser Priorisierung ist die Umstrukturierung des Heeres. Das Ziel der Umstrukturierung wird in der Broschüre wie folgt definiert: „Mit der angewiesenen Refokussierung der Streitkräfte auf die LV/BV sind kriegstaugliche Führungs- und Einsatzstrukturen herbeizuführen sowie durchhalte- und führungsfähige Kräftebeiträge entsprechend des Anspruchs Deutschlands als Führungs-, Rahmen- und Anlehnungsnation im NATO Bündnis bereits ab 2025 bereitzustellen, um so einen glaubwürdigen Beitrag zur Reaktions- und Abschreckungsfähigkeit der NATO und somit zur Stärkung des Bündnisses zu leisten.“ Bei dem angesprochenen Kräftebeitrag ab 2025, also in weniger als 24 Monaten, handelt es sich um die 10. Panzerdivision, bestehend aus zwei mechanisierten Brigaden (Panzergrenadierbrigade 37 und die Panzerbrigade 12) sowie gegebenenfalls einer niederländischen Brigade, die im Alarmierungsfall innerhalb von 30 Tagen einsatzbereit am Kasernentor stehen müssten. Hinzu kommen 60 Flugzeuge sowie 20 seegehende Einheiten, die Deutschland bei der NATO im Rahmen des New Force Model (NFM) bereits eingemeldet hat.
Den Beitrag lesen Sie in der ersten Ausgabe des HHK!